Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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E. STEINBACH ein ausgesprochener Anhänger der naturwissen- 
schaftlichen Methode. 
Es ergibt sich nun die Frage, ob die von der Rechtswissen- 
schaft, soweit sie abstrakte Normenlehre ist, heutzutage (bewusst 
und unbewusst) angewandte Methode tatsächlich die richtige ist. 
Trotz ihrer scheinbaren Einfachheit gehört diese Frage zu den 
schwierigsten Grundproblemen wissenschaftlicher Erkenntnis. 
Denn jede wissenschaftliche Methode hängt von der Beschaffen- 
heit des zu erforschenden Objekts der wissenschaftlichen Er- 
kenntnis ab und nichts ist schwerer als die klare Feststellung 
und Abgrenzung dessen, was als Objekt einer bestimmten Wissen- 
schaft in Betracht kommt. Tausenderlei Fäden verbinden ver- 
wandte Wissenschaftsgebiete, ihr innerer Zusammenhang trotzt 
allem modernen Spezialistentume. Man kann nicht Rechtsge- 
lehrter sein, ohne gleichzeitig wenigstens ein wenig Philosoph, 
Psycholog, Historiker, Sozialpolitiker und Nationalökonom zu 
sein. All dies deutet auf die nahe Verwandtschaft der Erkennt- 
nisobjekte der einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen hin. Wenn 
man daher von der besonderen Methode einer besonderen wissen- 
schaftlichen Disziplin spricht, so ist dies immerhin cum grano 
salis zu nehmen, so zwar, dass man sich die betreffende Wissen- 
schaft in theoria möglichst isoliert von anderen, verwandten 
Disziplinen vorstellt. 
Im Vorhergehenden sind die „Erforschung “ „Unter- 
suchung“ und der „Beweis“ als besondere Funktionen der wissen- 
schaftlichen Methode erwähnt worden; man spricht aber auch 
weiters von einer deskriptiven, erklärenden und konstruktiven 
Methode. Ich frage nun: Kann ich als Jurist das Wesen des 
Staates ebenso „erforschen“, wie der Geologe die Beschaffenheit 
eines Gesteins? Sind die beiden Erkenntnisobjekte so gleichartig, 
dass ich zum Zwecke ihrer wissenschaftlichen Erkenntnis die- 
selbe Methode anwenden kann? Das tertium disparationis 
ist nicht so leicht zu entdecken, wie es beim ersten Anblick
	        
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