Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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„Pflanze“ ist, existiert in seiner Totalität draussen in 
der Welt, ist greif- und sichtbar und lässt sich unter die 
Luppe des Forschers bringen: Die Fülle der Einzelnerscheinungen 
harrt hier lediglich der wissenschaftlichen Schematisierung. Hiezu 
ist allerdings induktive und analytische Untersuchung nötig. 
Das aber, was wir „Staat“ nennen, existiert nirgends in der 
Welt, es ist ein theoretischer und bisher — dank dem ewigen 
Streite! — noch nicht feststehender Kunstausdruck für eine 
Reihe von rechtlichen und sozialen Beziehungen einer ein be- 
stimmtes Territorium bewohnender Gruppe von Menschen. 
Welchen genaueren begrifflichen Inhalt ich dem Ausdrucke 
„Staat“ gebe, um ihn der Jurisprudenz zweckmässig dienstbar 
zu machen, das hängt allein von meiner freien Konstruktion 
ab.» Und es entbehrt daher nicht eines gewissen komischen 
Beigeschmackes, wenn die Rechtsgelehrten die einzelnen Staaten 
wie Versuchsobjekte auf ihren juristischen Seziertisch legen, 
um aus ihnen die Begriffe des Staates, der Souveränität und 
andere mehr „heraus zu analysieren“ ®. 
Auf diese Weise entstehen Sätze wie der folgende: „Denn 
es wird... . sich ergeben, dass in der Tat diejenigen Genossen- 
schaften, deren öffentlich-rechtlicher Charakter als allgemein 
anerkannt erachtet werden kann, das oben angenommene wesent- 
liche Begriffsmoment der „öffentlichen Genossenschaft“ aufweisen, 
indem sie dem Staate zur Erfüllung ihres Zweckes verpflichtet 
erscheinen“. (Rosın, Das Recht der öffentlichen Genossen- 
schaft, S. 56.) Der Weg, auf dem Rosın zu seinem Natze ge- 
langt (richtiger gesagt: zu gelangen glaubt), ist der der Analyse. 
  
8So wird z. B. in der Literatur viel darüber gestritten, ob 
das „Gebiet“ ein Bestandteil oder nur Objekt des Staates sei. Im ersten 
Fall ist es daher ein integrierendes Moment im begrifflichen Wesen des 
Staates, Kein Staat ohne Gebiet. Nach dem landläufigen Ausdruck „Staat“ 
gibt es nun tatsächlich keinen Staat ohne Gebiet. Aber auch nicht ohne 
Luft. Die letztere Bemerkung wäre vielleicht geeignet, eine neue Hypo- 
these von der juristischen Wesenheit des Staates zu inaugurieren.
	        
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