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den sogenannten öÖffentlich-rechtlichen Charakter; rein privat-
rechtliche Verhältnisse, dem Individuationsprinzip bedingungs-
los angehörend, werden immer seltener. Andererseits — und
dies ist überaus richtig — dringt das Individuationsprinzip in
Rechtssphären, die früher als öffentlich-rechtliche xatT’ E&oxiv
angesehen wurden, bezüglich deren also jedwede Ingerenz der
beteiligten Individuen entweder gänzlich fehlte oder wenigstens
auf ein rechtliches Minimum herabgedrückt war. Einen teilweise
individualistischen Zug erhalten diese Verhältnisse durch die
vom Staate immer mehr zugelassene Autonomie der betreffenden
Individuen: Verhältnisse, die der Staat früher souverän regelte,
werden heute nicht selten von einer Anzahl von Personen, um
deren Verhältnisse es sich eben handelt, autonom geregelt, wobei
der Staat in der Regel nur eine allgemein normierende und be-
aufsichtigende Rolle spielt. Diesem Autonomieprinzipe ver-
danken die zahlreichen, mit staatlichen Verwaltungsagenden be-
trauten Interessenzwangsverbände ihre Entstehung. Der Ein-
fluss, den sich dabei der Staat als teilweises Kreationsorgan
und beaufsichtigender Faktor gesetzlich vorbehält, ist auf das
Konto des Gesamtheitsprinzipes zu schreiben, dagegen ist die
korporative Verfassung des Verbandes, als deren Folge die Eigen-
schaft der Eingegliederten als Kreationsorgane bezw. als durch
den Verband gewählte Exekutivorgane erscheint, Ausfluss des
Individuationsprinzipes.
Viel mächtiger aber als in diesen Punkten, wo es sich
doch am Ende um wenn auch kleinere Gesamtheiten
handelt, kommt das Individuationsprinzip in der immer wach-
senden Sphäre der Rechtskautelen zum Ausdruck,
die dem Einzelnen rechtliche Willensmacht in Angelegen-
heiten gewähren, die ihn als „Glied der Gesamtheit“ be-
treffen, daher öffentlich-rechtliche genannt werden (Institution
der Gerichtsbarkeit über öffentliche Rechte). Auf diese Weise
fliessen beide Prinzipe immer mehr ineinander und es ıst