Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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meint, diese Bedingung sei durch Zusammentritt des Westfäli- 
schen Friedenskongresses realisiert worden!?. Daher hält er das 
damals geschaffene Völkerrecht für das erste wahre. Jedoch 
der gleiche Schluss, wie aus dem westfälischen Vertrage, kann 
bereits aus dem Grundvertrage der pyläisch-delphischen Am- 
phiktionie gezogen werden, ja überhaupt aus jedem Staatsver- 
trage, der eine internationale Rechtsordnung schafft. Die Zahl 
der Kontrahenten spielt bei der Frage nach der Existenz des 
Völkerrechts keine grundsätzliche Rolle und war zudem bei 
verschiedenen alten Verträgen gross, so dass MARTENS mit fol- 
gender Behauptung nicht ins Schwarze trifft: „Das Vorleben der 
europäischen Nationen wies weder im Mittelalter noch im Alter- 
tum einen Präzedenzfall dafür auf, dass die Repräsentanten 
verschiedener Staaten gemeinschaftlich deren Angelegenheiten 
beraten und ein für alle!? Völker verbindliches Regulativ fest- 
gestellt hätten“ (I 89). Zu einer Ueberschätzung des Vertrages 
von 1648 hat der Internationalist keinen Grund, denn selbst, 
wenn man mit MARTENS u. a. annimmt, dass er die Prinzipien 
schuf, „auf denen von nun ab das internationale Leben zu 
ruhen“ hatte, nämlich das sogenannte „System des politischen 
Gleichgewichts der Staaten“ (I 29), so muss man hinzufügen, 
dass diese Prinzipien keine Rechtsordnung waren. Eine solche 
setzt nach herrschender Ansicht die „Anerkennung“ oder „Ueber- 
einstimmung“ der Staaten voraus, ein übereinstimmender Begriff 
des politischen Gleichgewichts hat aber unter den Staaten nie 
bestanden!*. Wir finden hier die im internationalen Leben gar 
nicht seltene Erscheinung, dass derselbe Name ver- 
12 „Die blosse Tatsache schon einer derartigen Zusammenkunft beweist 
zur Genüge, dass die europäischen Staaten durch die Macht der Verhält- 
nisse zu der Einsicht gebracht worden waren, dass dem verderblichen Kriege 
ein Ende gemacht und irgend ein Zustand der Ordnung hinsichtlich der 
internationalen Angelegenheiten hergestellt werden müsse“ (Martens 129). 
13 d.h, die am Kongress teilnehmenden Staaten. 
1 Das ergibt auch MArTEns I 125.
	        
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