Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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Ernst von Meier, Französische Einflüsse auf die Staats- und Rechtsent- 
wicklung Preussens im XIX. Jahrhundert. Zweiter Band. Preussen 
und die französische Revolution. Leipzig. Duncker u. Humblot. 
1908. XI u. 509 S. 
Dieser umfangreiche Band stellt noch nicht die französischen Einflüsse 
auf die preuss. Rechtsentwicklung dar, sondern er führt im Gegenteil aus, 
dass die Gesetzgebung der französischen Revolution auf die Reformgesetz- 
gebung STEINs und seiner Mitarbeiter gar keinen oder einen nur unwesent- 
lichen Einfluss gehabt hat, soweit nicht die allgemeinen politischen An- 
schauungen jener Zeit, die überall verbreitet waren, sich geltend machten. 
Der Verf. steht in dieser Beziehung in scharfem Gegensatz zu Max LEH- 
MANN, welcher in seiner Biographie des Freih. von STEIN die Ansicht ver- 
treten hat, dass STEINs Gesetzgebung im wesentlichen eine Nachahmung 
der französischen Revolutionsgesetzgebung sei, und welcher grade darin 
und in der Abkehr STEıIns von den feudalen, agrarischen, den Interessen 
des ostelbischen Junkertums dienenden altpreussischen Verfassungszustän- 
den sein Hauptverdienst findet. Da diese Auffassung LEHMANnNs vielfache 
Zustimmung und weite Verbreitung gefunden hat, so sieht sich der Verf. 
genötigt, seine abweichende Ansicht ausführlich und auf alle Einzelheiten 
eingehend zu begründen und infolgedessen nimmt die Polemik gegen LEH- 
MANN einen breiten Raum ein und gibt dem Werk seinen eigentümlichen 
Charakter. Um den Nachweis zu führen, dass die STEInsche Gesetzgebung 
nicht auf den Ideen und Gesetzen der französischen Revolution beruht, son- 
dern eine den Zeitbedürfnissen entsprechende Fortbildung der älteren preus- 
sischen Institutionen ist, gibt der Verf. im ersten Abschnitt seines Werkes 
eine Schilderung des preussischen Staates im 18. Jahrh., namentlich unter 
Friedrich dem Grossen, und im zweiten Abschnitt die Gesetzgebung vom 
Tode Friedrichs des Grossen bis zur Schlacht bei Jena; daran schliesst 
sich dann der wichtigste und umfangreichste Abschnitt des Bandes, welcher 
die Reform Steıns und den Zusammenhang derselben mit den gegebenen 
historischen Grundlagen zur Darstellung bringt und den tiefen Gegensatz 
gegen die Ideen und Massregeln der Revolution zeigt. In einem letzten 
Abschnitt werden dann die Reformen HARDENBERGs erörtert, welche zwar 
auch nicht an die Gesetzgebung der Revolution anknüpfen, wohl aber durch 
die napoleonisch-westfälische Gesetzgebung beeinflusst sind. Erst in einer 
späteren Zeit erfolgt unter dem Einfluss rheinländischer Juristen und Staats- 
männer eine Rezeption französischen Rechts; diese Vorgänge werden erst 
im dritten Bande dargestellt werden. Der vorliegende zweite Band ent- 
hält daher eigentlich wieder „Prolegomena“ und bei der Gleichheit des 
Gegenstandes Manches, was der Verf. bereits in der „Reform der Verwal- 
tungs-Organisation unter STEIN und HARDENBERG“ behandelt hat. Das Ge- 
samtresultat der in dem 2. Bande enthaltenen Untersuchungen ist daher 
im wesentlichen ein negatives und mancher Leser wird sich viel-
	        
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