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das Eigentumsrecht nach Massgabe des am Orte der belegenen Sache gelten-
den Rechts zu verschaffen. Aber damit sei noch nicht gesagt, dass auch
in allen sonstigen Beziehungen die Beurteilung des Vertragsverhältnisses
nach gleichem Rechte zu erfolgen habe, so hinsichtlich der Kaufpreiszah-
lung, der Gefahr, des Erfüllungsverzugs. Denn vom Standpunkt interna-
tionaler Betrachtung sei der Vertrag nicht durch eine ausschlaggebende
Anknüpfung verbunden mit der „vie active — locale.“ Zwischen Kontrakt
und Eigentumsübertragung bestehe kein wesentlicher und notwendiger Zu-
sammenhang. Die lex rei sitae beherrsche darum nicht den Kaufver-
trag, aber sie können nach der Intention der Parteien zur Anwendung
gelangen. JıTTaA kommt hier auf dem Wege seiner Methode zu dem
gleichen Ergebnis wie die neue deutsche Theorie und Praxis des inter-
nationalen Obligationenrechts, die sich energisch der mechanischen Anwen-
dung der lex rei sitae widersetzt und jede Seite und Phase des Schuldver-
hältnisses einer besonderen Prüfung und Beurteilung bezüglich des mass-
geblichen Rechtes unterzieht. Einen anderen Standpunkt als gegenüber
dem Kauf unbeweglicher Sachen vertritt J. für die beweglichen
Sachen. Hier verschwindet die aus dem Gegenstand sich ergebende
besondere Schwierigkeit. In diesem Falle sei die verbindende Kraft des
Vertrages eine Folge des „droit commun international.“ Das sei der Hebel
mit dem anzusetzen. Nun handele es sich nur noch darum, den Vertrag
unter Berücksichtigung von T'reu und Glauben zu interpretieren. Jeder
Umstand könne infolgedessen zur Anwendung irgend
eines Rechtes führen —
J. ist sich der Unsicherheit, die mit diesem weiten Prinzip verknüpft
ist, wohl bewusst. Aber sie rechtfertigt sich und war notwendig wegen
des Zieles, das sich J. mit seinem Werke steckt: er will eine Bresche
schlagen in die einseitigen nationalen Kollisionsgrundsätze, will auf allge-
meinster Grundlage und doch ins Einzelne gehend, vorarbeiten einem wirk-
lich internationalen Rechte. Dass er — einer weitverbreiteten, aber
anfechtbaren Anschauung folgend — der Autonomie einen überwiegen-
den Einfluss einräumt, schmälert nicht das Verdienstliche seiner Arbeit,
deren Wert schon durch das deutlich und konsequent verfolgte Ziel, inter-
national gleiche Rechtsanwendung, verbürgt ist. Zu diesem Ziele streben
wir ja mehr oder weniger alle, wenn auch auf verschiedenen Wegen.
Und darum werden auch alle aus dem neuen Versuch neue Anregung
empfangen und dem Verfasser Dank wissen.
Es weht ein frischer, fruchtbarer Wind im Gebiete des internationalen
Rechts. Der Internationalismus treibt neue Keime. Aber der Positivismus
verhütet, dass der sprossende Baum in wilden Schösslingen seine Säfte ver-
geudet. Je sorgsamer und kräftiger der nationale Stamm des internatio-
nalen Rechts gepflegt wird, um so eher können wir hoffen, dass die Baum-
kronen sich zu einem schützenden Laubdach über dem internationalen