Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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eines besonderen Geschäftsordnungsgesetzes jene Bestimmungen dem neuen 
Zustande nur wenig angepasst. 
Bei diesen Stande der Dinge ist der Versuch KULISCHs, in diese unge- 
ordnete Fülle von Bestimmungen, deren Revision schon vom Standpunkte 
„juristischer Reinlichkeit“ erforderlich wäre, mit ordnender Hand einzu- 
greifen, sehr willkommen. Ausgehend von dem Gegensatze des Parlamentes 
als eines kollegialischen Organs und somit Trägers fremder Zwecke einerseits 
und der Korporation andererseits, erörtert die Abhandlung zunächst die Be- 
ziehungen der Parlamente zu anderen staatlichen Organen, wobei Verfasser 
mit Recht die wiederholt ausgesprochene Anschauung bekämpft, welche 
in den beiden parlamentarischen Kammern ein einziges zusammenwirkendes 
Organ erblickt. Da diese parlamentarischen Kammern einerseits zu ihren 
Mitgliedern, andererseits zu ausserhalb derselben stehenden 
Rechtssubjekten in Beziehung treten, ergibt sich eine zweifache 
Rechtsordnung für die Erledigung der parlamentarischen Geschäfte, welche 
die Geschäftsordnung der parlamentarischen Kammern bildet. Diese Defi- 
nition der Geschäftsordnung ist wohl zu weit gefasst: es würde darunter 
die gesamte Tätigkeit der Kammern nach aussen und innen fallen. Die- 
selbe geht sowohl über die von der Wissenschaft aufgestellte Begriffsbe- 
stimmung (LABAND: Geschäftsgang und Disziplin) als auch über die in der 
österreichischen Verfassung gezogene Schranke ($ 24 St.Gr.Ges.: nähere 
Bestimmungen über den wechselseitigen und Aussenverkehr beider Häuser) 
weit hinaus. Es geht doch nicht an, mit dem Autor gewisse grundlegende 
Bestimmungen der Verfassung, als Notverordnung, Wahlprüfung und Wahl- 
anfechtung, Verfassungsänderung etc. wegen der denselben eigentümlichen 
Formen parlamentarischer Behandlung unter dem Gesichtspunkte der „Ge- 
schäftsordnung“ zu regeln. Gerade für das österreichische Verfassungsrecht 
wäre eine genauere, vorzüglich die technische Seite der parlamen- 
tarischen Tätigkeit hervorhebende Begriffsbestimmung der Geschäftsordnung 
von Nutzen gewesen, um der Gesetzgebung die richtigen Wege zu weisen. 
Durch die übrigens sehr gelungene Darstellung der Entstehungsgeschichte 
der geltenden Geschäftsordnung sowie durch seine Erörterungen über die 
Kompetenz zur Erlassung von Geschäftsordnungsnormen zeigt Verfassser 
selbst, wie sehr eine genaue Abgrenzung der durch die Geschäftsordnung 
zu regelnden Materie nottut. Durch eine solche würde auch der Gefahr 
der Ueberschreitung der Grenzen für die den Kammern zur Selbstregelung 
überlassenen Geschäftsordnungsfragen, für welche Verfasser interessante 
Beispiele anführt, wirksamer begegnet werden. 
Wenn auch im Rahmen einer kurzen, nur die formale Seite des Ge- 
schäftsordnungsrechtes erörternden Abhandlung das wichtige Problem nur 
gestreift werden konnte, bleibt es dennoch ein Verdienst KuLIScHs, das 
schwierige und bisher für das österreichische Recht so gut wie gar nicht 
behandelte Thema theoretisch angefasst und auf die Fülle von juristisch
	        
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