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verfassung gibt dem Reiche allerdings das Recht der Gesetz-
gebung mit der Wirkung, dass die Reichsgesetze den Landesgesetzen
vorgehen, jedoch mit der vom Strafsenat nicht wiedergegebenen
wichtigen Beschränkung, „nach Massgabe des Inhalts
dieser Verfassung“. Das Adelsrecht ist aber nach
Inhalt derReichsverfassungnichteine Materie, die
durch die Reichsgesetzgebung berührt wird. Wäre der
von dem Strafsenat eingenommene Standpunkt, dass der König von
Preussen durch die Reichs-Strafprozessordnung in
dem ihm nach Landesrecht zustehenden Recht, über einen zweifel-
haften Adel mit bindender Kraft für alle Staatsangehörigen und
folgeweise auch alle Staatsbehörden zu entscheiden, beschränkt
worden sei, richtig, so könnte auch nicht das sächsische
Adelsgesetz vom 19. September 1902 die Folge haben, dass die
unabhängig von jedem Einfluss der ordentlichen Gerichte erfol-
gende Eintragung in das Adelsbuch bezw. die Versagung dieser
Eintragung für die Gerichte bindend ist, während diese Bindung,
soweit dem Heroldsamt bekannt, bisher von keinem Gericht bezweifelt
worden ist. Ebenso würde die Eintragung bezw. die Versagung der
Eintragung in die bayerische Adelsmatrikel für die Gerichte
nicht bindend sein können, während das Gegenteil der Fall ist.
Ob aber die Entscheidung der Adelsbehörde in einem Adelsbuch
bezw. einer Adelsmatrikel zum Ausdruck gelangt, oder,
wie in Preussen, in den Akten des Heroldsamts niedergelegt
wird, kann keinen Unterschied begründen.
Wie OLSHAUSEN (Strafgesetzbuch 1906, Bd. 2, zu $ 360 Ziff. 8
unter a) zutreffend bemerkt, stellt sich die Uebertretung der Norm
des $ 360 Ziff. 8 RStr&GB. keineswegs „als blosses Polizeidelikt“,
sondern als Verletzung des Rechtsgutes der staat-
lichenAutorität dar. Die staatliche Autorität, der Staats-
wille, die hier gemeint sind, kann nur der Wille desjenigen
Staatsorgans sein, von welchem der Adel und das Recht
zu seiner Ausübung nach dem in Betracht kommenden Landes-