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„Der Strafrichter entscheidet immer nur, ob sich der Ange-
klagte im Einzelfalle strafbar gemacht habe“, welche Ent-
scheidung bei Freispruch „die Berechtigung zur Adelsführung,
das Adelsrecht selbst nicht feststellt“,
so wird damit dem Zwecke der auf unbefugte Annahme eines
Adelsprädikats gesetzten Strafdrohung nicht genügt. $ 360 Ziff. 8
RStrGB. soll, wie oben berührt, durch seine Strafdrohung die-
jenige staatliche Autorität schützen, die über das
Recht zur Führung eines Adelsprädikats mit öffentlich-rechtlicher
allgemeiner Wirkung zu entscheiden hat. Eine Abweichung
von dem Ausspruch dieser staatlichen Autorität im Einzel-
falle durch den Strafrichter ist damit nicht vereinbar. Dass
jene staatliche Autoritätaber der König bzw.
die Adelsbehörde ist, erkennt der Strafsenat
dadurch an, dass er seinereigenen Entschei-
dung nur die Bedeutung eines Entscheidungs-
srundes für das Strafurteil beimisst (8. 8 des
Strafurteils).
Die Ausführung des Strafsenats, dass der Strafrichter nicht
über die Standesfrage als solche entscheide, weil er immer
nur über den gerade zur Anklage gestellten Einzelfall
entscheide, trifft nicht den Kern der Sache. Richtig ist zwar,
dass der Strafrichter darüber zu entscheiden hat, ob der wegen
unbefugter Annahme eines Adelsprädikats Angeklagte im Einzel-
falle mit Strafe zu belegen ist. Diese Frage folgt aber
erst der Beantwortung der Schuldfrage, die zwei Elemente
enthält, deren jedes für sich durchaus selbständig und
von dem anderen unabhängig ist, nämlich: a) das
Element der objektiven Widerrechtlichkeit der Annahme des
Adelsprädikats, b) das Element der subjektiven Widerrecht-
lichkeit der Annahme des Adelsprädikats. Tritt der Strafrichter
an die Feststellung des ersteren dieser beiden Elemente — des-
Jenigen der ob jektiven Widerrechtlichkeit der Prädikatsan-
Archiv für öffentliches Recht. XXIII. 1. 5