Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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Die Rechtssubjektivität des Staates ist damit auch für den An- 
hänger von Fiktionstheorien eine Tatsache; denn jene Theorien 
haben für das geltende Rechtssystem nur die Bedeutung von 
Motiven. Rechtssubjektivität ist das Träger-sein von Rechten 
und Pflichten überhaupt. Sie ist ein Begriff des gesamten Rechtes, 
nicht nur von Teilen desselben, wie des öffentlichen und Privat- 
rechts. Für deren Bestimmung ist die namentlich in neuerer 
Zeit oft hervorgehobene einheitliche Persönlichkeit des Staates 
auf dem gesamten Rechtsgebiet? als gegeben zu betrachten. 
Oeffentliches Recht ist nach dem geltenden Rechts- 
system gleichbedeutend mit dem Inbegriff der dem Staat als 
Rechtssubjekt eigentümlichen Rechtsbeziehungen. Eigentümlich 
sind ihm die Rechtsnormen, bei deren konkreter Reali- 
sierung überhaupt oder zum mindesten bei deren Verletzung 
— wie beim Strafrecht jeder Art'® — er als Rechtssub- 
jekt im oben dargelegten Sinn notwendig in irgend einer 
Weise beteiligt ist und in denen an seine Stelle 
als Rechtssubjekt kein anderes treten kann. 
Seine Rechtsstellung als Subjekt des öffentlichen Rechts ist durch 
Ausschliesslichkeit gekennzeichnet. Dies trifft für das 
Staatsrecht i. e. S., Völker-, Verwaltungs-, Straf-, Prozess- und 
bedingt für das Kirchenrecht zu. — Privatrecht ist dem 
gegenüber der Inbegriff der Rechtsverhältnisse, an denen der 
Staat nicht als Rechtssubjekt oder zum mindesten nicht in einer 
ihm eigentümlichen Stellung beteiligt ist. Staatsrecht in jenem 
w.8. deckt sich daher nicht mit dem Inbegriff der gesamten 
Rechtsbeziehungen, in denen der Staat überhaupt steht oder 
stehen kann. Für solche Rechtsbeziehungen, in denen an seiner 
  
15 Vgl. JELLINEK a. l. OÖ. S. 583; Wacn, Handb. d. Zivilproz. S. 92. 
16 Bei Verletzung von Privatrechtsnormen tritt der Staat erst im Prozess 
als beteiligtes Subjekt auf, weshalb das Zivilprozessrecht öffentliches Recht 
ist. Bei Verletzung von Strafrechtsnormen ist der Staat dagegen schon 
ohne den Prozess als Träger des Strafanspruchs beteiligtes Subjekt.
	        
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