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auf die landesrechtliche Polizeigewalt (Polizei und Prostitution S. 58). Da
diese aber ihrem Wesen nach die Beschränkung auf Anordnungen, die
nicht contra legem sind, enthält, so gilt diese Beschränkung auch für die
in $ 360 Ziff. 6 StGB. in Bezug genommenen polizeilichen Akte. Polizei-
liche Genehmigungen der Beherbergung von Prostituierten (in dem vom Verf.
angenommenen Sinne: Beherbergung = Gestattung des Prostitutionsge-
werbes) sind daher schlechterdings rechtswidrig.
Die Vorschläge, die Verf. im vierten Abschnitt als „Kritik de lege
ferenda“ gibt, stimmen vollständig mit den von mir (a. a. O. S. 74) ge-
machten überein, wie sie sich ohne weiteres aus der rechtlichen Unbhaltbar-
keit des jetzigen Zustandes ergeben. Es ist „für das künftige deutsche
Strafrecht der Tatbestand der Wohnungskuppelei bei Prostituierten, deren
Wohnungsverhältnisse polizeilich geregelt sind, aus dem allgemeinen Tat-
bestand der einfachen Kuppelei nicht nur, sondern auch aus dem Tatbe-
stand der Wohnungskuppelei herauszuheben und allein auf die Polizei-
widrigkeit abzustellen.“ Die Feststellung des Verf., auf die er besonderen
Wert legt, daß das im Vorentwurf eines Strafgesetzbuchs vorgesehene
Tatbestandsmerkmal der „Unverhältnismäßigkeit“ des Gewinns praktisch
sinnlos ist, stimmt ebenfalls mit meiner bereits 1911 (a. a. O. S. 74 Anm. ])
ausgesprochenen Auffassung überein. Ferner scheint auch mir die von
ihm bekämpfte Idee SCHMÖLDERs, durch Schaffung konzessionierter Ab-
steigequartiere den Prostituierten ein „reines Lebenszentrum® zu ermög-
lichen, — so sehr man den aus dieser Idee sprechenden Geist der Humanität
achten muß — doch eine weltfremde Utopie zu sein. Ich glaube, durchaus
dem Vorschlag des Verf. beistimmen zu sollen, dem Paragraphen über
Wohnungskuppelei eine Zusatzbestimmung beizufügen:
„Die Vorschrift findet keine Anwendung auf die Gewährung der
Wohnung, sofern nicht der Täter die Unzucht gewinnsüchtig ausbeutet
oder durch sie Öffentliches Aergernis erregt. Die Vorschrift findet
ferner keine Anwendung auf die gemäß polizeilicher Regelung erfolgte
Gewährung der Unterkunft an weibliche Personen, die unter Beob-
achtung der polizeilichen Vorschriften Gewerbsunzucht treiben.“
Wenn auch die Arbeit HALpys in den entscheidenden juridischen Er-
örterungen m. E. nicht unanfechtbar ist und in der Behandlung der ge-
schichtlichen Entwicklung und der künftigen Gestaltung des geltenden
Rechts nichts absolut Neues bringt, so scheint sie mir doch im Interesse
der Sache ein Gewinn zu sein. Denn sie ist eine streng sachliche Arbeit
und das ist in einer Frage, deren publizistische Erörterung so oft durch
rein gefühlsmäßige, wo nicht phantastische, Voreingenommenheit beeinflußt
wird, schon sehr wertvoll. Daß sie rechtliche Fragen nur mit juristischen
Mitteln untersucht, staatliche Dinge nur mit dem technisch-staatswissen-
schaftlichen Maß des interesse status publici mißt, ist ein Verdienst, Das
muß mit aller Entschiedenheit betont werden gegenüber der die staats-