— 415 —
folgt nicht, daß es sich um bürgerliche Rechtsstreitigkeiten han-
delt!”. Hier ragt das öffentliche Recht ins Privatrecht hinein.
Das Verfahren kann also ausgesetzt werden'®.
8 9.
Die scheinbare Abweichung vom Prinzip: Die
Minderjährigkeitsvormundschaft über einennicht
entmündigten Volljährigen.
Von der Verbindlichkeit des fehlerhaften Staatsaktes aus-
gehend, ist es uns möglich, alle Fälle einer mangelhaften Vor-
mundsbestellung, die, sei es aus einem dem Richter zugestoßenen
Mangel im Denken, im Wollen und in der Erklärung, sei es aus
einem Willensmangel des am Zustandekommen des Bestellungsakts
Beteiligten resultieren, nach einem einheitlichen Gesichtspunkt zu
betrachten. Wenn nun wohl jede Regel mehr oder minder starke
Ausnahmen zuläßt, und es im höchsten Grade verwerflich wäre,
dem Prinzip zuliebe auch das Widerstrebende anzugleichen, so
befindet sich unser Problem doch in der befriedigenden Lage, in
der gefundenen Lösung restlos aufzugehen. Aber hier bedarf es
erst einer Rechtfertigung der vorgetragenen und einer Auseinan-
dersetzung mit entgegengesetzten Meinungen.
Wir sahen, daß keineswegs jede Gesetzwidrigkeit die Hand-
lungen des Richters der freiwilligen Gerichtsbarkeit absolut un-
wirksam macht!®,. Er darf zwar eine Gesetzwidrigkeit nicht be-
gehen, aber er kann es doch. Nun sind die meisten Vorschriften
des Vormundschaftsrechts trotz ihrer Aufnahme in das System des
BGB. keineswegs nur privatrechtlicher, sondern auch justizrecht-
licher Art. Sie enthalten einmal die Ermächtigung der Vormund-
schaftsbehörde zur Anordnung day Vormundschaft, zur Bestellung
eines Vormundes usw. Sodann aber erteilen sie dem Vormund-
107° Darüber vgl. das oben in Einl. $ I Gesagte: S. 384 £.
108 In diesem Sinne auch: Kıpp, FamR. $ 102, III S. 390. StTEın, ZPO.
I zu 8 148. LANDSBERG, RheinArch, 108 S. 92f.
1% Vgl. oben $ 8 Anm. 2.