Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 36 (36)

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sich wohl die Herzen der siegreichen Völker, denn ihnen lag der 
kühlende Gedanke zu nahe, es könnte der Friede ihnen den ver- 
dienten Lohn ihrer Siege rauben. Diese Sorge nun war bei keinem 
Volk des Zehnverbandes voıhanden als höchstens bei England, 
welches sich im Besitze des größten Teils der deutschen Kolonien, 
ım Besitze eines Teils von Frankreich, Belgien und Griechenland 
befindet. In England mochte wohl ein Teil des Volkes von der 
Sorge, dies alles könnte wieder verloren gehen, wenn jetzt ein 
Friede zur Erörterung käme, sehr rasch die auch bei ihm vor- 
handene Sehnsucht nach dem Frieden kühlen. Der Engländer ist 
in allem langsam, im Denken, Fühlen, mitunter sogar im Zugreifen, 
aber in einem ist er schnell, in der Erkenntnis seines Vorteils. Und 
„politisch“ zu denken, ist er gewohnt. So war es denn in Eing- 
land verhältnismäßig am leichtesten, die Vorteilsfrage zu stellen 
und dadurch die Stimmung für den Frieden zu löschen. Nun war 
die Friedensfrage kräftig aufgeworfen. Das Volk lauschte nach 
Lord Northelifis Magazin, dahin, woher für das ganze Weltreich 
die tonangebende Stimme in jedem ernsten Fall zuerst erschallt. 
Es lauschte nach Friede und Aufklärung über die Vorteilsfrage. 
Friede oder Nichtfriede, das ist jetzt die Frage. Aber die eng- 
lische Regierung, die dieses millionenfache Lauschen, welches sich 
um den ganzen Erdball herum wie ein elektrisches Etwas ver- 
breitete, kannte und wußte, daß dieses Lauschen der „öffentlichen 
Meinung“ für sie stets Kabinettsfrage ist, sie geriet in eine jener 
kalten Erregungen, die sie immer erlebt, wenn es in den Fugen 
des Weltreichs zuckt, sie wußte: es entscheidet sich in diesem 
Augenblick mehr als im ganzen Kriege. Die 9 Verbündeten! Was 
werden sie erleben, sagen, tun, wenn sie ebenso wie wir, ja gleich- 
zeitig mit uns das teuflische Angebot erhalten. Werden sie nicht 
schwach werden, taumeln, jubeln, daß der Friede kommt? Das 
erste also eine ungeheure, berghohe Angst bis in die Nerven der 
Haare! Und das zweite eine Empörung über die Anmaßung der 
Feinde! Empörung ist jenes sittliche Gefühl des Herrenmenschen, 
welches wie eine weiße Flamme aus dem Dunkel aufzischt, wenn
	        
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