Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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gewissen schroffen Wendungen dieses Autors nicht zu sehr stoßen darf, weil 
sie an anderen Stellen seines Buches wieder ausgeglichen werden. Es 
verhält sich doch nicht so, daß für ihn das bloße kluge Rechnen mit dem 
sittlichen Volksurteil von seiten des Staatsmannes „der einzige moralische 
Rest in der Politik“ (27) ist, wie FRANZ, der seinen Gegner in der Fehde- 
stimmung immer mehr oder weniger machiavellisiert, glaubt. Höher als 
alles expansive Machtstreben stellt B. ausdrücklich die Sorge des Politikers 
um die Entwicklung einer einheitlichen Volkskultur, alle Macht des Staates 
habe ihre Nerven und Sehnen an den moralischen Volkskräften (165 £.). 
Fassen wir zusammen: BAUMGARTEN ist nicht der „Immoralist“, als 
den ihn FRANZ hinstellt, so wenig wie dieser es sich gefallen lassen würde, ein 
Jesuit gescholten zu werden, weil auch er in der politischen Moral den 
Grundsatz vom Mittel heiligenden Zwecke verkündet. Die „Synthese von 
politischem Machtstreben und ethischem Jdealismus“, die FRANZ im An- 
schluß an die deutsche idealistische Staatsauffassung des 19. Jahrhunderts 
vertritt, ist von dem Standpunkte BAUMGARTENS nicht so weit entfernt, 
wie er glaubt. Sie ist nichts anderes als die alte Wahrheit, Recht ohne 
Macht gilt nichts auf Erden, Macht ohne Recht kann niemals Meister 
werden, wobei dieses genau so das vorwärtstragende, jene das vorwärts- 
treibende Moment der Entwicklung darstellt, wie man es treffend von der 
gegenseitigen Wechselwirkung zwischen Masse und Individuum in der Ge- 
schichte ausgesagt hat. Es handelt sich also bei der Meinungsverschieden- 
heit beider Autoren um keine Antithese, wo Wahrheit gegen Irrtum steht, 
sondern um zwei Methoden der Betrachtung, beide berechtigt, durch die 
verschiedene Perspektive sich gegenseitig ergänzend und korrigierend! 
Charlottenburg. Dr. H. O. Meisner. 
Deutschtum und Schiedsgerichtsbarkeit. Ein geschichtlicher 
Beitrag zu einer großen Gegenwarts- und Zukunftsfrage von Dr. rer. 
pol. August Hommerich, Hauptredakteur der „Germania“. Mit einem 
Vorwort von Geh. Justizrat Prof. Dr. PnıLıpp Zorn, Mitglied des 
Preuß. Herrenbauses und Kronsyndikus. (Das Völkerrecht. Beiträge 
zum Wiederaufbau der Rechts- und Friedensordnung der Völker. Im 
Auftrage der Kommission für christliches Völkerrecht herausgegeben 
von Dr. GODEHARD Jos. EBERS, Professor der Rechte an der Univer- 
sität zu Münster i. W. 3. Heft). 8° (XIV u. 90 S.) Freiburg 1918 
Herdersche Verlagshandlung. Mk. 2.50. 
Es liegt längst zutage, daß die ablehnende Haltung des Deutschen 
Reiches gegenüber dem Schiedsgerichtsgedanken zu den schwersten Fehlern 
der Bülowschen Politik gehört hat, und es war deshalb auf alle Fälle ein 
dankenswertes Unternehmen, daß der Verfasser im Anschluß an die Papst- 
note vom 1. August 1917 und die das Postulat der internationalen Schieds- 
gerichtsbarkeit vorbehaltslos bejahende deutsche Antwortnote vom 19. Sep-
	        
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