Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 40 (40)

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Landes von einem obersten Geriehtshof ausgeht, der planmäßig 
sich zum Oberhof und Beherrscher der territorialen Gerichtsge- 
walten aufschwingt. Es werden also erst die deutschen, dann die 
französischen Verhältnisse einer Betrachtung unterzogen. Dabei 
wird nieht nur das Verhältnis der Zentralgewalt zu den weltlichen 
lokalen, sondern auch zu den geistlichen Gerichten zu prüfen sein. 
Bevor ich aber in die Darstellung eintrete, will ich Verwah- 
rung einlegen dagegen, daß meine Bezeichnung der deutschen 
Entwicklung als einer negativen, der französischen als einer posi- 
tiven irgendwelches Werturteil ausdrücken soll. Vielmehr soll zu- 
nächst nur Tatsachendarstellung gegeben werden. Zur Kritik wird 
sich an geeigneter Stelle Raum finden. 
l. 
Das deutsche und das französische Reich waren als gleich- 
berechtigte Töchter dem gemeinsamen Mutterschoße der Karo- 
lingischen Monarchie entsprossen. Und doch waren ihre Lebens- 
bedingungen grundverschieden. Das französische Reich entfaltete 
sich westlich des Rheins. Dort war alter römischer Kulturboden. 
Ueber den Gefilden Frankreichs lagert schon bei seiner Ent- 
stehung der Hauch einer großen geschichtlichen Vergangenheit. 
Eine gewisse nivellierende Tendenz aber ist jeder höheren Kultur 
eigen. Daher hat auch das französische Königtum seit je mit 
Stammeseigentümlichkeiten und landschaftlichen Besonderheiten 
wenig zu kämpfen gehabt. Der Schwerpunkt des Deutschen Reiches 
lag hingegen auf dem jungfräulichen Boden Germaniens, wo die 
noch ungebrochene nationale Bigenart sich ausleben konnte. Die 
Träger des Nationalitätsbewußtseins aber sind die Stämme. Ein 
einheitliches deutsches Gesamtgefühl gab es damals noch nicht 
und hat es, wie Vorgänge der allerjüngsten Vergangenheit be- 
weisen, überhaupt noch nie gegeben. 
Aus dieser geographischen Bedingtheit erklärt es sich, wie 
verschieden die beiden Reiche einer gemeinsamen Gefahr begeg- 
nen: Der Feudalität, dem Lehnswesen.
	        
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