Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 40 (40)

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Ich verlasse nun die deutschen Verhältnisse und gehe über 
zu Frankreich, wo in der Geschichte des Parlement de Paris ein 
Gegenbild zu zeichnen sein wird !”. 
In Frankreich hatte die Schwäche der letzten Karolinger den 
Verfall der Aemterverfassung beschleunigt. Im 11. Jahrhundert 
sah sich das französische Königtum auf dem Tiefpunkte seiner 
Macht. Es war arm und schwach gegenüber den Lehnsfürsten, 
deren jeder die volle Souveränität für sich beanspruchte. 
Im 12. Jahrhundert beginnt der einzigartige Aufstieg der 
französischen Königsmacht, dem Aufstieg Roms zur Weltherr- 
schaft vergleichbar. Die Größe liegt vor allem in dem bewußten 
Hinarbeiten auf den Erwerb aller Macht im Staate für das König- 
tum. Dort wird das Lehnrecht von Reichs wegen in seiner vollen 
Strenge angewandt, als das einzige Mittel: des Königs, sich in 
einer feudalisierten Gesellschaft Geltung zu verschaffen. In Frank- 
reich gibt es keinen Leihezwang. Das Königtum behält heim- 
fallende Lehen mit eiserner Konsequenz ein. Der ganze Riesen- 
besitz Johanns ohne Land, darunter die Normandie, fällt nach 
seiner Verurteilung 1202 an die französische Krone — ein lehr- 
reiches Seitenstück zum Schicksal der welfischen Lehen! So wurde 
aus einem ohnmächtigen Schattenkönigtum schließlich die Vor- 
macht in ganz Frankreich. 
Das Königtum war zunächst nur das Haupt der in den Do- 
mänen entstehenden Eigenverwaltung. Dort entwickelte sich gar 
bald ein reges staatliches Leben. Dort entstanden reine Beamten- 
gerichte: die baillis und prevöts sprachen Recht im Namen des 
Königs. Das königliche Hofgericht war zunächst nur Oberhof 
dieser königlichen Niedergerichte. 
Im Bezirke seines Kronguts war der König Souverän. Im 
übrigen Frankreich war er nur oberster Lehnsherr, nur primus 
inter pares. Er steht an der Spitze der französischen Lehnshier- 
1? Wegen des Folgenden und der Literatur wird verwiesen auf HoLTz- 
MANN, Französische Verfassungsgeschichte 1910.
	        
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