Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 40 (40)

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archie. Aber selbst diese ist strenger durchgeführt als die deutsche. 
Es gibt in Frankreich prinzipiell kein Allodialeigen, kein Land 
ohne Lehnsherren, nulle terre sans seigneur. Der Spott der Ver- 
einzelung liegt auf dem angeblich einzigen allodialen Grundherrn 
Frankreichs, der wegen der Freiheit vom Lehnsbande sogar das 
scherzhafte Recht hat, sich König zu nennen, auf dem roi d’ Yve- 
töt, der auf einem Esel durch sein Land reiten und von jedem 
Untertanen eine Kanne Weins als Tribut einfordern kann *$, 
Es konnte der Besitz dieser obersten Lehnsmacht auf die 
Dauer dem französischen Königtum nicht genügen. Es mußte 
danach streben, seine absolute Gewalt auf ganz Frankreich aus- 
zudehnen. Ganz Frankreich sollte unmittelbares königliches Re- 
gierungsgebiet, sollte königliche Domäne im Sinne des Öffentlichen 
Rechtes werden. 
Es ist nun höchst interessant, welche Wege das französische 
Königtum zur Erreichung dieses Zieles eingeschlagen hat. Nicht 
etwa offene Gewalt, nicht Vorschieben der Beamtengerichte in 
das Gebiet der Lehnsfürsten. Nein, viel feiner! Es verlegte sich 
darauf, seine eigene Gerichtsbarkeit, insbesondere sein Hofgericht, 
zu einer Musteranstalt auszubauen und durch die erzieherische 
Macht des in ihm ausgebildeten Verfahrens, durch dessen sach- 
. liche Höherwertigkeit einen freiwilligen Anschluß der feudalen 
Gerichtsherren herbeizuführen. 
Seit Philipp August ist das Parlement de Paris als kollegiale 
Behörde organisiert gewesen %. Seit 1254 haben wir unter dem 
18 HOLTZMANN, Französische Verfassungsgeschichte S. 26. 
ı® Für die Geschichte des Pariser Parlaments s. namentlich DUCOUDRAY, 
Les origines du Parlement de Paris et la justice au 13° et 14° siecles, 
1902, daneben behalten noch Wert die Arbeiten von AUBERT, Le Parle- 
ment de Paris de Philippe le Bel & Charles, I 1887. II 1890; Histoire du 
Parlement de Paris de l’origine & Francois I” 1250-1515, Paris 1894. 
Guasson, Le Parlement de Paris 1902 und MaAuciıs, Histoire du Parlement 
de Paris, I 1913, behandelt vorwiegend die politische Geschichte des 
Parlaments.
	        
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