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fälschen das echte Worts des Spieglers, und der Schwabenspiegel,
der sich doch so stolz ein kaiserliches Rechtsbuch nennt, weıß
von alledem nichts mehr. So waren auch hier die Territorien
darauf angewiesen, zu leisten, was des Reiches Sache gewesen
wäre, und sie haben den Kampf gegen die Ueberspannung der
geistlichen Gerichtsbarkeit mit wechselndem Erfolge geführt ?°.
Wie anders unterstützten doch die französischen Rechtsbücher
die weltliche Gewalt! Der berühmteste Jurist Frankreichs, Beau-
manoir, der um 1283 seine Coutume de Beauvoisis verfaßte, kennt
nicht nur eine Rechtshilfetheorie, sondern gar eine feste
Rechtspflegeordnung zwischen den Gewalten®. Er weist in
genauester Einzeluntersuchung jeder Sache ihr Recht von geist-
lichem oder weltlichem Forum zu. Und die Praxis richtet sich
danach. Ja, das Königtum ergreift seinerseits die Offensive.
Was gegen die Territorialherren die cas royaux, das leisten hier
die cas privilegies: Verschiebung der erstinstanzlichen Zuständig-
keit zugunsten des Königtums. Und wie wacht das Parlament
über die Grenzen! Die köstlichsten Kulturbilder tun sich uns
auf, wenn wir das Hin und Her beobachten. Da sehen wir die
Landplage jener Zeit, die fahrenden Gesellen, die sich in die
Mönchskutte stecken und in dieser Verkleidung ihr Unwesen auf
den Straßen treiben. Kommen sie dann vor den weltlichen
Richter, so weisen sie wohl auf ihr Habit, auf die mit unge-
schickter Hand geschorene Tonsur; sie kramen auch ein paar la-
teinische Brocken aus, um dem freilich immer noch fragwürdigen
Gesamteindruck ihrer Persönlichkeit etwas aufzuhelfen. Aber er
genügt vielleicht doch, um den Richter zur Auslieferung an das
geistliche Gericht zu bewegen. Und was winken dort nicht für
Vorteile! Dort gibt es weder Todesstrafe noch Gottesurteil; und
s0 Vgl. HASHAGEN, Zur Charakteristik der geistlichen Gerichtsbarkeit
im späteren Mittelalter, ZRG. Kan. Abt. 1916 S. 205 ff.
®ı Zum Folgenden vgl. H. MırTeıs, Beaumanoir und die geistliche
Gerichtsbarkeit, ZRG. Kan. Abt. 1914 S. 263 ff.
Archiv des öffentlichen Rechts. XL. 1, 2