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Polens Untergang und Wiedererrichtung vom
völkerrechtlichen Standpunkt.
Von
Dr. WALTER SCHÄTZEL, Gerichtsassessor im preuß. Justiz-
| ministerium.
1. Der Untergang.
Während des Krieges und der Friedensverhandlungen haben
wir es aus dem Munde der Leiter der Entente wiederholt gehört,
daß die Wiederherstellung eines selbständigen polnischen Staates
eine Pflicht der Gerechtigkeit und die Wiedergutmachung eines
früheren Unrechts bedeute. Unter den 14 Punkten Wilsons war
die Wiedererrichtung Polens einer der wichtigsten und für uns
am schwersten annehmbaren. Dementsprechend finden wir in den
offiziellen Erklärungen und Abmachungen der Entente nicht selten
Wendungen, welche eine Verurteilung der polnischen Teilungen
wiederholen. So heißt es z. B. in dem Vertrage zwischen Polen
und den Hauptmächten der Entente vom 28. Juni 1919, welcher
namentlich die Rechte der nationalen Minderheiten in Polen
gewährleistet, in der Einleitung: „Considerant que les Puissances
alliides et associees ont par le succes de leurs armes rendu & la
Nation polonaise lindependance dont elle avait &te in juste-
ment privee.“ Die Entente verurteilt also offiziell die frühere
Vernichtung Polens und sieht darin eine Rechtswidrigkeit.
Die gleiche Ansicht finden wir z. T. in der völkerrechtlichen