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Die Stärke des unmittelbar demokratischen Einschlags in den
neuen deutschen Repräsentativverfassungen wird von den für Re-
ferendum und Volksbegehren normierten Anwendungsmöglichkeiten
entscheidend bedingt. Diese aber basieren vorwiegend auf den
mannigfachen Bestimmungen der einzelnen Verfassungen, aus denen
hervorleuchtet, welchen Organen in den einzelnen Staaten das
Referendum in die Hand gegeben ist, bzw. in welchen Staaten
ein Volksbegehren möglich ist. Während die weiteren in den
Einzelausführungen genannten Momente ”? u. E. nicht von primärer
Bedeutung sind, vielmehr dem eben erwähnten nur zur Seite treten
und das Bild der deutschen Staaten als teilweise unmittelbarer
Demokratien lediglich mit ergänzenden und ausschmückenden Linien
versehen, erscheint uns diese Frage, wer kann das Referendum ver-
anlassen, bzw. für welche Staaten ist das Volksbegehren vorge-
sehen, entscheidend zu sein für den mehr oder minder stark her-
vortretenden unmittelbar demokratischen Wesenszug der Staaten-
gebilde auf deutschem Boden.
Dieser dürfte dort am stärksten entwickelt sein, wo vor allem
das obligatorische Referendum ausgebildet ist und wo ferner
sämtliche Organe das Referendumsveranlassungsrecht besitzen,
die Exekutive in den zwei Formen des Gesetzgebungs- und Far-
lamentsauflösungsreferendums, und wo auf der anderen Seite auch
eine Stimmberechtigtenfraktion, wieder im Wege des Gesetzge-
gebungs- und Parlamentsauflösungsbegehrens Anteil an den Staats-
geschäften zu nehmen befähigt ist. Nur in diesem Falle würde
die Volksgesamtheit, weil allen Organen erreichbar, die zur Durch-
führung des Schiedsrichteramtes und zur Entscheidung in letzter
und höchster Instanz erforderliche überragende Position innehaben.
Soweit geht jedoch keine der deutschen Verfassungen, nicht eine
hat also sämtliche nach den Veranlassungsinstanzen mögliche
» Wann Volksentscheid und Volksbegehren praktisch werden können,
w&s ibnen unterfällt, und unter welchen Abstimmungsmodalitäten sie
stattfinden.
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