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genommen wäre; ebensowenig wird mich jemand der Abneigung ge-
gen die schöne Hauptstadt des Schwabenlandes verdächtigen, das ich ja
vielmehr meine engere Heimat nennen darf und aus dessen innerer Ver-
waltung ich selbst hervorgegangen bin. Ich bedaure es vielmehr, dazu
beitragen zu müssen, gewisse Hoffnungen meiner engeren Landsleute
zu zerstören und es geschieht lediglich deshalb, weil die sachlichen
Gesichtspunkte mir dies gebieterisch zu verlangen scheinen.
Der erste und wichtigste von diesen Gründen ist, daß engste
Fühlungnahme mit den Reichsministerien Lebensnot-
wendigkeit für dieses R.V.G. sein wird. Selbst für das
Reichsgericht, das doch hauptsächlich die Einwirkung auf die unteren
Instanzen bezweckt, hat sich die Entfernung seines Sitzes von Berlin we-
gen der mangelnden Einwirkung auf die Gesetzgebung schon zur Zeit der
Schaffung des BGB. und wegen der Rechtsverordnungstätigkeit man-
cher Reichsministerien in letzter Zeit besonders recht fühlbar gemacht.
Um einen Grad stärker zeigt sich derselbe Mangel beim Reichsfinanz-
hof, wie man leider jetzt schon sehen kann. Für ihn bildet die Kon-
trolle der Verordnungstätigkeit des R.-Fin.-Min. eine sehr wichtige
Aufgabe, die er nur erfüllen kann, wenn er mit den Strömungen, Be-
dürfnissen, Nöten der Praxis möglichst lebendige Fühlung hat, wie
das eben nur am Sitz der Zentrale der Verwaltung möglich ist. Tat-
sächlich liegt er in München dafür schon etwas abseits und ist so
mancher Einwirkungsmöglichkeiten beraubt. Bis die Sachen im ge-
wöhnlichen Rechtsezug an ihn kommen, dauert es lange, so daß bis
heute z. B. noch keine Einkommensteuerentscheidung von ihm vorliegt
und er zu manchen Gesetzesfassungen überhaupt nie Stellung nehmen
kann, weil sie überholt sind, bis sie an ihn kommen könnten. Aber
auch der Weg seiner Nutzbarmachung durch Gutachten gemäß $ 43
RAO. hat nicht die Bedeutung erlangt, die man vielleicht erhoffen
konnte. Das R.-Fin.-Min. hat es in der Hand, wie weit es von dieser
Möglichkeit Gebrauch machen will und tut es nur in spärlicher Weise.
Es würde aber wohl auch weder unbedingt den Wünschen des R.-Fin.-
Hofs entsprechen, noch objektiv rückhaltlos zu befürworten sein, daß
diese Einforderung von Gutachten größeren Umfang annähme, weil
Festlegungen des Gerichts auf Grund abstrakter Fragestellung, bei
der die Tragweite der Frage weniger leicht zu erkennen ist, als
wenn sie in einem Prozeß aufgeworfen wird, nicht unbedenklich sind +.
* Heftige Kritik hat — wohlgemerkt allerdings von seiten des RFinMin. —
jüngst ein Gutachten des RFinH. vom 12. Dez. 1921 (Entsch. Bd. 7, 8. 279)