Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 43 (43)

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tiven“ Rechte, soweit dieses nicht wissenschaftlich eindeutig fest- 
stehende scharfe Begriffe, insbesondere Raum-, Zeit- und Zahl- 
begriffe verwendet. Beispiele von Entscheidungen, in denen trotz 
formell einwandfreier „rechtsdogmatischer Methode* die politische 
Anschauung der Richter oder Beamten ganz besonders kraß zu- 
tage tritt, bietet die Judikatur wohl aller Völker. Man denke 
etwa an Strafprozesse wegen „politischer“ Delikte oder an Rechts- 
streitigkeiten zwischen Unternehmern und Arbeitnehmern; an kon- 
fessionelle oder nationale Rechtsstreitigkeiten in Staaten mit mehre- 
ren Konfessionen oder mehreren Nationalitäten; an die Auslegung 
und Handhabung gesetzlicher Maßregeln gegen feindliche Aus- 
länder wohl in den meisten kriegführenden Staaten ; an die sog. 
„Recht“-sprechung der gemischten Schiedsgerichtshöfe auf Grund 
der Friedensverträge. Von diesen krassesten Beispielen bis herab 
zu den annähernd objektiven Entscheidungen, in denen im wesent- 
lichen etwa nur Raum-, Zeit- und Zahlgrößen die Oberbegriffe 
der Subsumption bilden, gibt es nur allmähliche Uebergänge, 
nirgends eine scharfe Grenze. Fast das ganze Gebiet der dog- 
matischen Rechtsanwendung ist daher, wenn auch in sehr ver- 
schieden hohem Grade, der politischen Beeinflussung ausgesetzt, 
selbst dort, wo die dogmatische Jurisprudenz ausschließlich einen: 
unbestritten feststehenden (Gesetzestext nach allgemeingültiger, 
„juristischer“ Methode zu behandeln glaubt. 
Vielfach tritt diese Beeinflussung nicht über die Schwelle 
des Bewußtseins des entscheidenden Richters oder Verwaltungs- 
beamten. Aber auch wenn dieser mit noch so gutem Gewissen 
überzeugt ist, dem Einfluß subjektiver politischer Werturteile ent- 
gangen zu sein, so fehlt doch der „objektive“ Maßstab, an dem 
er allgemeingültig dartun könnte, daß er „objektiv“ entschieden 
habe. Tritt ihm ein anderer entgegen, der mit ebenso gutem Ge- 
wissen zu einer entgegengesetzten Entscheidung gelangt ist, so 
werden beide einander der Parteilichkeit beschuldigen oder aber 
den Bankerott der „juristischen Methode“, d. h. des Positivismus 
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