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in der Erklärung der Reichsregierung zugesagte Wahrung der Hoheits-
rechte sobald als möglich verfassungsmäßig festgelegt werden möge.
Die Landesausschüsse der Koalitionsparteien Bayerns erklärten
sich mit diesem Ergebnis des sog. Berliner Protokolles nicht einver-
standen, da sie in demselben ein Nachgeben Bayerns und keine
genügenden Sicherheiten für die an Bayern gegebenen Versprechen er-
blickten. Sie forderten Fortsetzung des „Kampfes“.
Jetzt meldete sich auch die Volksseele in Gestalt einer Demon-
stration der Nationalsozialisten Münchens, einer politischen Gruppe, die
das weltfremde, gernegroße, spezifische Münchnertum vertritt. Diese
Gruppe hielt am 17. August auf dem Königsplatz in München eine
Protestversammlung ab, in welcher das Berliner Protokoll verworfen
und der Rücktritt des Ministeriums Lerchenfeld verlangt wurde. Die
diesbezügliche Straßenresolution wurde natürlich „einstimmig“ be-
schlossen.
Das Ergebnis der Beratung zwischen Ministerrat und Koalitions-
parteien war die Wiederaufnahme der Verhandlungen zum Zweck der
„Ergänzung“ des Berliner Protokolls. Zu diesem Behufe begaben
sich die bayerischen Minister Dr. Schweyer und Gärtner abermals
nach Berlin.
Was in den erneuten Verhandlungen von Bayern „erreicht“ wurde,
war insbesondere die Bildung eines süddeutschen Senates beim Staats-
gerichtshof. Die Errungenschaften wurden in „Verlautbarungen“ des
Reichs und Bayerns bekannt gegeben. Die bayerische Verlautbarung
berichtet noch einmal über den bisherigen Gang der Dinge und über
alles, was Bayern während der Verhandlungen über die Schutzgesetze
zu deren „Besserung“ beigetragen hat und was es in seinen Verhand-
lungen mit dem, Reich nach Erlaß seiner Notverordnung noch er-
reicht hat.
Die Ergänzungen, welche aus den letzten Verhandlungen hervor-
gegangen sind, sind in Ziff. V der Verlautbarung vom 23. August
zusammengefaßt und lauten:
„Die neuerlichen Besprechungen vom 19. und 20. August 1922
haben zu einer weiteren Klärung und in wichtigen Punkten zu einer
Ergänzung des seitherigen Verhandlungsergebnisses geführt. Das Er-
gebnis der neuerlichen Besprechungen, wie auch eine Anzahl bereits
früher vereinbarter Punkte wurde in geeigneter Weise schriftlich fest-
gelegt. Das Ergebnis ist in der Hauptsache folgendes:
l. Beim Staatsgerichtshof wird ein süddeutscher