fassung ist nieht unbestritten. BRYCE z. B., der bekannte eng-
lische staatsrechtliche Schriftsteller, ist anderer Ansicht; er meint:
„wenn das englische Oberhaus eine Menge vom Unterhaus vor-
gebrachter Aenderungsanträge ablehnt, um so eine Auflösung des
Unterhauses zu erreichen und damit an die Wähler zu appellieren,
so sei die Neuwahl ein Ausdruck der öffentlichen Meinung, eine
Stellungnahme des Volkes auch zu den bestimmten Aenderungs-
anträgen, über die ja in den dem Wahltage voraufgehenden Wochen
genügend diskutiert und gesprochen sei. Mithin läge hier eine
Abstimmung auch über den konkreten Fall vor, freilich nur über
die hauptsächlichen Prinzipien, nieht über ein bestimmtes aus der
gesetzlichen Körperschaft hervorgegangenes Gesetz“ !%. Wir lehnen
diese Argumentation, die — nach BRYCE — „weit hergeholt er-
scheinen mag“, ab, weıl das Volk, wie BRYCE selbst zugibt, bei
Wahlen über bestimmte Angelegenheiten seinen Willen nicht
kundgibt. Denn eine Angelegenheit, über deren haupsächlichste
Prinzipien nur das Volk sich äußert, ist nicht bestimmt im Sinne
obiger aus dem Gesetz gefolgerten Begriffsbestimmungen, es ent-
fiele eine Meinungsbekanntgabe wenigstens über die wesentlichsten
die Bestimmtheit begründenden Einzelheiten der betreffenden An-
gelegenheit. — Wir scheiden also eine Betrachtung der Fälle, da
die stimmberechtigten Staatsangehörigen zur Wahlurne, nicht zur
„Referendumsurne* schreiten, aus. — Dagegen sind u. E. die Fälle,
da das Volk die Auflösung des Parlaments fordert, hierher zu
rechnen. Denn wenn diese auch häufig aus der Hoffnung heraus
verlangt wird, die Neuwahl werde eine wesentliche Aenderung
in den „Allgemeinen politischen Richtlinien“ bringen, so ist doch
der Anlaß eine Meinungsverschiedenheit zwischen Volk und Volks-
vertretung über eine bestimmte Angelegenheit, d. h. über eine
oder mehrere wichtige dem Ganzen den Charakter gebenden Ein-
zelheiten, aus denen die Bestimmtheit sich ergibt, die Abstimmung
über die Auflösung entscheidet mithin über diese und ist deshalb
1 Bryczk, The American Commonwealth, New York 1911, Bd. 1, S. 467.