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kann eine dem Beschluß des Reichstags bestätigende Volksabstim-
mung die gleiche Wirkung haben. Nur die Verwerfung des
Reichstagsbeschlusses durch das Volk könnte also der Anschauung
des Reichsrats zum Siege verhelfen. — In Preußen dagegen, wo
das Volk auch wieder gänzlich ausgeschaltet bleibt, kann bei feh-
lender Zustimmung des Staatsrats nicht einmal eine erneute Be-
ratung stattfinden. Viel mehr ist der Landtagsbeschluß nur inso-
weit wirksam, als er mit dem Beschluß der Regierung überein-
stimmt (Art. 42, Abs. 4). Auch ohne das Recht der selbständigen
Streichung von Positionserhöhungen oder neuen Positionen ist
hier also der Einfluß des „föderalistischen* Organs so stark ge-
macht worden, wie es im Reich nach dem ersten Entwurf hin-
sichtlich des Reichsrate der Fall war. — Endlich muß hier Er-
wähnung finden, daß das Recht, beim Volke auf Parlamentsauf-
lösung anzutragen, das in einigen deutschen Staaten, wie oben
gezeigt wurde, der Exekutive zugebilligt worden ist, in Preußen
dem Staatsrat zusteht (Art. 14, Abs. 1, Satz 2). Aus Vor-
stehenden erhellt, daß dem Vertreterorgan der preußischen Pro-
vinzen verfassungsmäßig ein viel weiter reichender Einfluß ge-
währt worden ist, als im Reich dem Vertreterorgan der deutschen
Länder.
2. Dem bunten vielfarbigen Bilde des fakultativen Referen-
dums, wie die deutschen Verfassungen es widerspiegeln, steht ein
nur selten sich zeigendes einförmiges obligatorisches Referendum
zur Seite. Während die amerikanischen Einzelstaaten und die
Schweiz — Bundesstaat und Einzelstaaten — die obligatorische
Volksabstimmung verfassungsrechtlich vorherrschend fixiert haben,
beschränkt sie sich in Deutschland auf Baden und Hessen, auf 2
der mittelgroßen Freistaaten also, das Reich dagegen, für das sie
nur im Preußschen Vorentwurf $ 51, Abs. 2, Satz 2 nach Ablauf
einer fünfjährigen Karenzzeit nach dem Inkrafttreten der Ver-
fassung vorgesehen war, sowie Preußen und die übrigen Frei-
staaten kennen sie nicht. Einfache Gesetze sind aber auch in den