Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

8 41. Der Reithssiskus, Reichsvermögen und Reichsschulden. 431 
sofort vollstreckbaren Beschluß erlassen und dem Beamten anheimgeben kann, 
das von ihm Beigetriebene im Rechtswege wieder einzuklagen. 
Zum Schlusse mag noch hervorgehoben werden, daß das Etatsgesetz nicht bedeutet 
und nicht bedeuten will: alle und nur in ihm enthaltenen Einnahmen und Ausgaben 
find zu leisten, oder Jeder kann auf Grund einer Pofition im Etat von dem Staate 
auf Leistung belangt werden oder den Staat auf Leistung belangen. Andererseits 
stellt das Etatsgesetz eine nicht geringe Anzahl zwingender Rechtsnormen auf: 
1) Weist nach, rechtfertigt, ihr Rechnungsführer u. s. w., wenn ihr weniger Ein- 
nahmen gemacht habt! 2) (Im Reiche) Ihr dürft euch keine neuen, im Etat nicht 
vorgesehene Einnahmen, z. B. durch Veräußerung von Reichseigenthum, machen! 
3) Die Einnahmen find nach den vom Reiche aufgestellten Normen einzustellen, 
insbesondere also nach Vorabzug der Verwaltungskosten u. s. w. 4) Sie find so 
einzustellen und so zu verrechnen, wie dies der Etat vorschreibt, schon um Ver- 
schleierungen zu verhüten. 5) Sie find dann zu erheben, wenn sie erhoben werden 
müssen, nicht früher und nicht später. 6) Es dürfen nur die Ausgaben geleistet 
werden, welche im Etat vorgesehen sind, und diese auch dann nur, wenn sie ge- 
rechtfertigt find. Dies ist nachzuweisen. 7) Leistet ihr nicht vorgesehene Ausgaben, 
so muß, auch wenn sie an sich nothwendig und gerechtfertigt sind, die nachträgliche 
Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaften beigebracht werden! 8) Die Aus- 
gaben sind rechtzeitig zu machen. 9) Sie sind aus den dazu bestimmten Fonds 
zu leisten. 10) Sie find fristzeitig, nicht zu früh und nicht zu spät zu leisten. 
11) Fondsverwechselungen, Fondsverschiebungen, Fondsverstärkungen, Vorgriffe, 
Rückgriffe und Aehnliches find verboten. 12) Ersparnisse sind, außer in den be- 
sonders zugelassenen Fällen, der allgemeinen Reichskasse zuzuführen, nicht unter dem 
oder jenem Vorwande (als Remuneration) zu verausgaben oder als Einnahme in 
den neuen Etat einzustellen. 13) Uebertragungen von Ausgaben bei verschiedenen 
Etatstiteln find verboten, außer in den besonders zugelassenen Fällen. Diese Auf- 
stellung ist nicht einmal und will auch nicht vollständig sein. Zweifellos handelt 
es sich hier überall um Rechtssätze im eminentesten Sinne des Wortes. Das 
Etatsgesetz ist hiernach ein Conglomerat von Rechtsnormen und 
kein Verwaltungsact im gesetzlichen Gewande. 
5*44. Der Reichsfiskus, Reichsvermögen und Reichsschulden. 
Schon der Deutsche Bund besaß in den Bundesfestungen (eigenes) Bundes- 
vermögen. Zur Erfüllung der Bundeszwecke und zur Besorgung der Bundes- 
angelegenheiten hatte er kein unmittelbares, die Unterthanen erfassendes, sondern 
nur ein mittelbares, gegen die Bundesglieder gerichtetes Besteuerungsrecht. Diese 
hatten nach Maßgabe der vom Bunde festgesetzten „matrikularmäßigen“ Verhältnisse 
das vom Bunde Vorgeschriebene aufzubringen 7. 
Die im Zollverein verbündeten Staaten hatten gleiche Zölle und andere gleiche 
Steuern. Sie erhoben, soweit fie eine eigene Zoll= und Steuerverwaltung besaßen, 
diese und wurden zunächst Eigenthümer der erhobenen Beträge, hatten jedoch die 
Reineinnahme, d. h. die erhobenen Bruttoerträge nach Abzug der vom Zollverein 
vorgeschriebenen oder zugelassenen Verwaltungskosten und Rückerstattungen, gemein- 
schaftlich mit den Reineinnahmen der übrigen Vereinsstaaten nach Maßgabe der 
Bevölkerung unter alle Vereinsstaaten zu vertheilen. Die Reineinnahmen aus den 
Zöllen u. f. w. waren somit gemeinschaftlich; gemeinschaftliche Ausgaben (für Heer, 
Marine oder dergl.) hatten die Vereinsstaaten nicht. 
Die Norddeutsche Bundesverfassung ließ die gemeinschaftlichen Einnahmen des 
Zollvereins bestehen, mit der Maßgabe, daß nunmehr der Reinertrag (Art. 38) in 
die gemeinschaftliche Bundeskasse fließt, erweiterte das gemeinschaftliche Bundes- 
eigenthum durch Hinzufügung der Bundeskriegshäfen und brachte vor Allem neue 
  
1 Siehe oben S. 2, Wiener Schlußacte Art. 52.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.