Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

464 Achtes Buch. Reichskriegswesen. 
Amtsblättern) bekannt gemacht und vom preußischen Kriegsminister gegengezeichnet, 
soweit eine solche Gegenzeichnung überhaupt erforderlich ist 1. So ist die preußische 
Heerordnung vom preußischen Kriegsminister gegengezeichnet. In Sachsen und 
Württemberg find dann diese preußischen Verordnungen als sächsische und württem- 
bergische von den Königen Sachsens und Württembergs unter Gegenzeichnung des 
sächsischen und württembergischen Kriegsministers in sächsischen und württembergischen 
Publicationsorganen bekanntgegeben. 
Die Verordnungen, welche zur Ausführung der Reichs-Militärgesetze 
ergingen, sind als Reichsverordnungen bekanntgemacht und, wenn dies 
Kaiserliche waren, vom Reichskanzler gegengezeichnet worden, soweit eine Gegen- 
zeichnung überhaupt nöthig war. Daher ist z. B. die Wehrordnung vom 
28. September 1875 vom Kaiser unter Gegenzeichnung nicht nur des preußischen 
Kriegsministers?, sondern auch des Reichskanzlers bekanntgemacht worden. 
Von besonderer staatsrechtlicher Bedeutung ist der Unterschied zwischen Armee- 
befehlen und Armeeverordnungené. Dieser Unterschied trat erst in die 
Erscheinung, als Preußen eine Verfassung erhielt, da einerseits die Verfassung zu 
allen Regierungsacten des Königs in Art. 49 die ministerielle Gegenzeichnung 
forderte und andererseits das auf die Verfassung nicht vereidigte Heer unter dem 
alleinigen Befehle des Königlichen Kriegsherrn beließ. Die Gegenzeichnung der 
Königlichen Armeebefehle würde bedeuten, daß auch für diese, z. B. die Ernennung 
dieses oder jenes Generals oder Commandanten, die Anordnung dieses oder jenes 
Marsches, der Minister die Verantwortung dem Landtage gegenüber trägt, und daß 
der Landtag das Recht der Controle, Kritik, Interpellation, Petition u. s. w. auch 
über Armeebefehle ausüben darf. Dies war nicht die Absicht der Preußischen Ver- 
fassung. Der unter Gegenzeichnung des Kriegsministers von Roon am 18. Januar 
1861 ergangene, im Ministerialblatt für die innere Verwaltung Preußens 1861, 
S. 73, abgedruckte Erlaß, die Gegenzeichnung und Bekanntmachung der Armee- 
befehle betreffend, bestimmt Folgendes: 
1) Armeebefehle, sowie Ordres, welche der König in Militairdienstfachen oder 
Personalangelegenheiten erläßt, werden ohne Gegenzeichnung expedirt. 
2) Sind in diesen Ordres Bestimmungen enthalten, welche auf den Militair- 
Etat von Einfluß find oder andere Zweige der Militair-Verwaltung berühren, so 
findet folgendes Verfahren statt: 
s. Sind die Ordres nicht an den Kriegs-Minster gerichtet, so wird der König 
die Bestimmungen demselben mittelst besonderer Ordres, welche alsdann mit seiner 
Gegenzeichnung zu versehen find, zugehen lassen; b. sind diese Ordres an den 
Kriegs-Minister zur weiteren Veranlassung gerichtet, so hat dieser sie Behufs Auf- 
bewahrung bei den Akten gegenzuzeichnen, ihren Wortlaut aber als einen Militair- 
befehl ohne Gegenzeichnung der Armee oder den betreffenden Kommandostellen u. s. w. 
bekannt zu machen. 
3) Außerdem verbleibt es in Bezug auf die vom Könige in Armee-Angelegen- 
heiten getroffenen Bestimmungen, welche der König dem Kriegs-Minister nicht durch 
Ordres bekannt macht, bei dem bisherigen Verfahren, so daß dieser von Allem 
rechtzeitig Kenntniß erhält. 
4) Alle übrigen nur die Militair-Verwaltung im Allgemeinen oder in ihren 
einzelnen Zweigen betreffenden Ordres, sowie alle anderen Ordres, welche den Etat 
alteriren oder sonst einen Regierungsakt enthalten, werden, wie bisher, vor der 
Absendung mit der Gegenzeichnung des Kriegs-Ministers versehen. 
Entsprechende Vorschriften gelten für die Kriegsmarine. Bei dieser vertritt die 
Stelle des Kriegsministers der Reichskanzler oder dessen Stellvertreter . 
  
  
1 Siehe Näheres in Arndt, Verordnungs- à Siehe Hecker, in v. Stengel's Wörter- 
recht, S. 128—138. buch des deutschen Verwaltungsrechts, I, S. 63f. 
2 Die Gegenzeichnung des Kriegsministers zu 4 Siehe weiter unten. 
solchen Verordnungen ist rechtlich überflüssig.
	        
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