8 14. Berlust der Staats· und Reichsangehörigkeit. 67
S. 647; anderer Ansicht Seydel in Hirth's Annalen 1876, S. 143, Anm. 7,
Sebc Staatsrecht, I, S. 535 f., G. Meyer, Deutsches Staatsrecht, § 77,
. 205.
Zweifellos und unstreitig ist, daß Deutsche, welche durch fünfjährigen Aufent-
halt im Auslande, verbunden mit dem Erwerbe einer fremden Staatsangehörigkeit,
die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben, nach Rückkehr in die Heimath keinen
Rechtsanspruch auf Wiederaufnahme besitzen (s. auch G. Meyer, Staatsrecht, 5 77,
S. 205, Anm. 33, Seydel, Bayerisches Staatsrecht, I, S. 535, Anm. 9, Land-
graf, I. c. S. 647 u. A. m.). . ,
Für die Auslegung des § 21 in dem Sinne, daß die Wiederaufnahme und
die Renaturalisation nur denen zu gewähren find, welche keine fremde Nationalität
erworben haben, spricht in der Hauptsache noch die Erwägung, daß, wenn der Gesetz-
geber zwar nicht den Besitz einer fremden Nationalität für gerade unvereinbar mit
dem Erwerb der deutschen Reichsangehörigkeit erachtet, andererseits auch nicht an-
genommen werden kann, er habe Ausländern einen Rechtsanspruch auf den Erwerb
der deutschen Nationalität geben wollen .
Gegen die Verweigerung der Aufnahme-Urkunde im Falle des § 21, Absatz 5
ist in den deutschen Bundesstaaten der Verwaltungsrechtsweg, wo dieser besteht,
zulässig. In Preußen findet binnen zwei Wochen die Klage vor dem Ober-
derwatungsgerichte statt (Zuständigkeits gesetz vom 1. August 1883, G.-S. S. 237,
155).
Die Entlassung, mag sie ohne den Willen oder auf Antrag des Entlassenen
erfolgen, ebenso wie die Renaturalisation und die Wiederaufnahme sind keine staats-
rechtlichen Verträge, sondern Staatshoheitsacte. Sie sind sämmtlich
Formalacte. Jede Nachprüfung ihrer thatsächlichen und rechtlichen Voraus-
setzungen ist ausgeschlossen (vgl. auch Erk. des Oberverwaltungsgerichts vom
23. Juni 1886 und 1. Juni 1894 in den Entsch. Bd. XIII, S. 408 ff. und Bd.
XXVII, S. 410 ff.).
Die in § 7 des Gesetzes vom 1. Juni 1870 gegebene Vorschrift, daß die
Aufnahme nur erfolgt, „sofern kein Grund vorliegt, welcher nach den §§ 2 bis 5
des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 die Abweisung eines
Neuanziehenden oder die Versagung der Fortsetzung des Aufenthalts rechtfertigt",
wird auch auf die Wiederaufnahme Bezug finden müssen, zumal kein Grund vor-
liegt, den nach Deutschland zurückgekehrten besser als den in Deutschland verbliebenen
Deutschen zu behandeln (ebenso Cahn, S. 187).
Der Verlust der Staatsangehörigkeit tritt durch Aufenthalt im Auslande nicht
ein (§ 23 des Gesetzes), wenn ein Deutscher mit Erlaubniß seiner Regierung (nicht
gerade des Landesherrn, wie Cahn, S. 187, meint) in die Militär= oder Civil=
dienste einer ausländischen Macht tritt, unbeschadet seiner Verpflichtung zur Rück-
kehr auf Aufforderung (§§ 20 und 22 des Gesetzes).
Viertens (§ 13, Ziff. 4) geht die Staatsangehörigkeit verloren: „bei un-
ehelichen Kindern durch eine den gesetzlichen Bestimmungen gemäß erfolgte Legi-
timation, wenn der Vater einem anderen Staate angehört als die Mutter.“
Verheirathet sich die Mutter eines unehelichen Kindes an einen Ausländer, so ver-
liert dieses hiernach seine durch Geburt erworbene Staatsangehörigkeit nur, wenn
es zugleich gesetzmäßig legitimirt wird. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt zwei
Arten der Legitimation, und zwar durch nachfolgende Ehe (§§ 1719 bis 1722)
und durch Ehelichkeitserklärung (§8 1723 bis 1740). In verschiedenen Staaten
(Rußland, England, Irland und den englischen Besitzungen Westindiens) wird ein
uneheliches Kind durch nachfolgende Ehe nicht legitimirt, ebenso ist zu erwähnen,
1 Mit Recht citirt das Erkenntniß des Ober= zeitiges Indigenat in mehreren unabhängigen
verwaltungsgerichts vom 3. Febr. 1894 (Entsch. Staaten eine Irregularität ist, welche dem
Bd. XXV, S. 377 aus Schulze, Deutsches ausgebildeten modernen Staatsbegriffe wider-
Staatsrecht. S. 345), daß „die Pflicht der Treue spricht, und daß viele Staaten dies Postulat zu
und des Gehorsams nicht zwischen mehreren einem Satze ihres positiven Staatsrechtes er-
Staaten getheilt werden kann, daß ein gleich= hoben haben.“
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