68 Der Ausbruch des Krieges zwischen Deutschland und dem Zweibund.
Meine Herren, wir sind jetzt in der Notwehr, und Not
kennt kein Gebot! Unsere Truppen haben Luxemburg be-
setzt, vielleicht schon belgisches Gebiet betreten. Meine Her-
ren, das widerspricht den Geboten des Völkerrechts. Die
französische Regierung hat zwar in Brüssel erklärt, die
Neutralität Belgiens respektieren zu wollen, solange der
Gegner sie respektiere. Wir wußten aber, daß Frankreich
zum Einfall bereit stand. Frankreich konnte warten, wir
aber nicht! Ein französischer Einfall in unsere Flanke am
unteren Rhein hätte verhängnisvoll werden können. So
waren wir gezwungen, uns über den berechtigten Protest
der luxemburgischen und der belgischen Regierung hinweg-
zusetzen. Das Unrecht — ich spreche offen — das Unrecht,
das wir damit tun, werden wir wieder gutzumachen suchen,
sobald unser militärisches Ziel erreicht ist. Wer so bedroht
ist wie wir und um sein Höchstes kämpft, der darf nur
daran denken, wie er sich durchhaut!
Meine Herren, wir stehen Schulter an Schulter mit
Osterreich= Ungarn.
Was die Haltung Englands betrifft, so haben die
Erklärungen, die Sir Edward Grey gestern im englischen
Unterhaus abgegeben hat, den Standpunkt klargestellt, den
die englische Regierung einmimmt. Wir haben der eng-
lischen Regierung die Erklärung abgegeben, daß, solange
sich England neutral verhält, unsere Flotte die Nordküste
Frankreichs nicht angreifen wird, und daß wir die terri-
toriale Integrität und die Unabhängigkeit Belgiens nicht
antasten werden. Diese Erklärung wiederhole ich hiermit vor
aller Welt, und ich kann hinzusetzen, daß, solange England
neutral bleibt, wir auch bereit wären, im Falle der Gegen-
seitigkeit keine feindlichen Operationen gegen die französische
Handelsschiffahrt vorzunehmen.
Meine Herren, soweit die Hergänge. Ich wiederhole
das Wort des Kaisers: „Mit reinem Gewissen zieht
Deutschland in den Kampf!"“ Wir kämpfen um die