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franken besteht, wird in der Weise ausgeübt, daß
die vom Staat ernannten Forstbeamten die ge-
samte Wirtschaft in den Gemeindewaldungen
führen. Daneben ist aber doch allgemeine Vor-
schrift, daß besondern Wünschen der Gemeinden
Rechnung getragen werden müsse. Jedem System
können besondere Vorzüge nachgerühmt und ebenso
besondere Nachteile zur Last gelegt werden. Es ist
daher gewagt, irgend eines der Systeme als das
beste zu erklären; viel zweckmäßiger ist es, die
Ordnung der Gemeindewaldwirtschaft den politi-
schen, finanziellen und wirtschaftlichen Verhält-
nissen entsprechend zu gestalten. Die Erfahrung
spricht übrigens nicht unbedingt gegen die Frei-
heit der Gemeinden. Neben vielen mangelhaft
bewirtschafteten Gemeindewaldungen begegnen uns
solche, welche in Höhe der Erträge, Sorgfalt und
Intensität der Wirtschaft hinter den Staatswal-
dungen nicht zurückstehen. Bei hinreichender Größe
des Waldbesitzes sollte jede Gemeinde einen eigenen
Techniker anstellen, oder es sollten mehrere Ge-
meinden zusammentreten, um einen gemeinschaft-
lichen Oberförster zu wählen. Wo Beförsterung
besteht, haben manche Oberförster die Waldungen
von 30 bis 40, sogar noch mehr Gemeinden zu
bewirtschaften. Bei intensivem Betrieb ist diese
Aufgabe zu groß. Die Beförsterung ist als eine
Zwischenstufe für weniger intensiven Betrieb zu
bezeichnen. — Die Waldungen der öffentlichen
Korporationen (Hospitäler, Armenanstalten, kirch-
lichen Stiftungen, Universitäten usw.) werden all-
gemein den Gemeindewaldungen gleichgestellt, so
daß eine besondere Behandlung dieser Arten von
Waldbesitz nicht notwendig ist.
Genossenschafts waldungen, manchmal
ebenfalls Korporationswaldungen genannt, sind
solche, welche das gemeinschaftliche Eigentum
mehrerer Privatpersonen bilden. Am bekanntesten
sind die Haubergsgenossenschaften der preußischen
Kreise Siegen und Wittgenstein, welche durch Zu-
sammenlegung von Privatwaldungen entstanden
sind. Anderwärts beruht die Entstehung solcher
Genossenschaften darauf, daß bei Ablösung von
Servituten die Berechtigten ein Waldstück als ge-
meinsames Eigentum erhielten, oder daß bei Er-
weiterung der Einwohnerzahl einer Gemeinde die
ursprünglich ansässigen Bürger das Eigentums-
recht am Walde behielten (Realgemeinden, Bürger-
gemeinden, im Gegensatz zu den Einwohner-
gemeinden). Durch freiwillige Bildung von Ge-
nossenschaften haben da und dort einzelne Private
ihren parzellierten Besitz zu einem Wirtschafts-
ganzen vereinigt. Daß dies aber in sehr seltenen
Fällen geschieht, beruht vor allem im Bestreben
der Privaten, unabhängig zu wirtschaften, sodann
in der Schwierigkeit, die verschiedenen Interessen
zu vereinigen und auszugleichen, den Anteil am
Gesamtvermögen auszuscheiden und die Nutzung
zu regulieren.
Privatwaldungen. Die Statistik weist nach,
daß der Privatwald die weitaus verbreitetste Art
Forstwirtschaft usw.
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des Waldbesitzes ist. Er fällt nicht immer mit dem
Kleinbesitz zusammen, da der Waldbesitz des Adels
oft sehr ausgedehnte Flächen umfaßt. Die viel-
fach verbreitete Ansicht, als ob der Waldbesitz für
den Privatmann nicht passe, ist durch diese Tat-
sachen widerlegt. Freilich weicht die Wirtschaft in
den Privatwaldungen vielfach von derjenigen des
Staates oder der Gemeinden ab, ohne daß sie
deshalb als eine weniger vorteilhafte bezeichnet
werden darf. Manchmal allerdings sind die Wald-
gründe von allem Holz entblößt und verödet, so
daß man das Einschreiten des Staates für not-
wendig erachtet hat. Allein die Tatsache der ge-
ringeren Produktion des Privatwaldbodens recht-
fertigt das Eingreifen des Staates noch nicht.
Mancher Bauer könnte mehr Korn oder Futter
auf seinem Grundstück erzielen, allein niemand
wird ihn mit Hilfe des Staates dazu zwingen
wollen. Die Einschränkung der Unabhängigkeit
des Eigentums ist nur berechtigt, wo es um das
Gemeinwohl sich handelt (s. die Art. Eigentum u.
Enteignung). Für das Gemeinwohl von Bedeu-
tung sind aber namentlich die Schutzwaldungen;
diese müssen daher besonders ausgeschieden und
unter die Aussicht des Staates gestellt werden.
In den übrigen Privatwaldungen ist die Wirt-
schaft. freizugeben. Die mittelbare Einwirkung
auf die Privatwaldwirtschaft auf dem Wege der
Förderung, der Belehrung ist natürlich, wie in
der Landwirtschaft, nicht ausgeschlossen; es ge-
schieht aber tatsächlich sehr wenig zugunsten des
Waldes, während für den Feldbau reiche Mittel
aufgewendet werden. Eine Ausnahme machen die
Landwirtschaftskammern in Preußen; auch in
Bayern nimmt der Staat sich der Privatwald-
wirtschaft an. Auch sind Anordnungen bei drohen-
der Schädigung der angrenzenden Waldungen
(bei Brand, Insektenfraß usw.) in der Befugnis
des Staates gelegen. Die eingreifende Tätigkeit
des Staates scheitert auch am Kostenpunkt. Es
wäre ein zahlreiches Forstpersonal nötig, um die
Bewirtschaftung zu leiten. Dadurch wäre aber ein
Kostenaufwand erforderlich, zu dessen Verwilli-
gung kaum die Geneigtheit bei den Volksvertretern
zu finden wäre.
Schutzwaldungen (Bannwälder). Die Wal-
dungen, welche Einfluß auf das allgemeine Wohl
haben, werden in den neueren Gesetzen (Bayern,
Osterreich, Preußen, Schweiz, Italien, Württem-
berg) als Schutzwaldungen bezeichnet. Zu solchen
sind erklärt Waldungen, welche Schutz gewähren
gegen Lawinen, Steinschläge, Abrutschung, Über-
schwemmung, Versandung, Eisgang usw. Im ein-
zelnen Falle ist der Nachweis dieser Wirkung des
Waldes oft nicht leicht zu erbringen; daher ist in
manchen Gesetzen die Pflicht dieses Nachweises
demjenigen auferlegt, welcher die Erklärung eines
Waldes zu Schutzwald fordert. So große Schwie-
rigkeiten die theoretische Begründung bieten mag,
so einfach gestaltet sich praktisch die Sachlage. Die
sog. Schutzwaldungen befinden sich weit über-