Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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wiegend auf absolutem Waldboden, auf welchem 
die Gefahr der Rodung, wenigstens der dauernden, 
nicht vorhanden ist. Es handelt sich daher in der 
Regel nur um die Verhinderung der Devastation 
des Waldes, d. h. einer Mißwirtschaft, welche die 
Existenz des Waldes gefährdet. Dies geschieht 
durch Abholzen (Kahlhieb) an Ortlichkeiten, wo 
ein Nachwuchs nicht ohne Schutz des alten Wal- 
des möglich ist. Auch Stockrodung kann stellen- 
weise zum Abrutschen und Veröden des Bodens 
führen. Langes Bloßliegen des Bodens erschwert 
ebenfalls das Wachstum des jungen Bestandes. 
Nebennutzungen, welche, wie die Streunutzung, 
die Fruchtbarkeit des Bodens verringern und zum 
Verschwinden des Waldes führen, müssen ganz 
beseitigt oder wenigstens bis auf einen unschäd- 
lichen Grad eingeschränkt werden. Wo, wie bei 
Schutz gegen Lawinen und Steinschlag, stets alte, 
widerstandskräftige Bäume vorhanden sein müssen, 
ist eine besondere Bewirtschaftungsart vorzuschrei- 
ben. Wird ein Waldbesitzer im Interesse eines 
Dritten an der freien Bewirtschaftung und Er- 
zielung der höchsten Rentabilität gehindert, so ist 
er angemessen zu entschädigen. Die Expropriation 
der sog. Schutzwaldungen wird selten nötig wer- 
den. Sie empfiehlt sich auch nicht wegen der be- 
deutenden Kosten, welche vereinzelte Waldungen 
bei der Bewirtschaftung verursachen. Das Haupt- 
gewicht in der Schutzwaldfrage ist darauf zu legen, 
daß ein genügendes technisch gebildetes und ob- 
jektiv urteilendes Personal vorhanden ist, welches 
den gesetzlichen Bestimmungen Nachachtung ver- 
schaffen kann. 
VII. Holzhandel und Holzzoll. In Deutsch- 
land, Osterreich und der Schweiz beträgt der Wert 
der Holzeinfuhr und -ausfuhr vom Werte der 
Gesamteinfuhr bzw. ausfuhr 1—3 %. Der 
einheimische Markt ist trotz der Entwicklung der 
beutigen Verkehrsmittel für das Holz immer noch 
der wichtigste. Was zu der inländischen Produk-= 
tion durch Einfuhr hinzukommt, beträgt im Deut- 
schen Reich etwa 20 %, in der Schweiz etwa 8%, 
in Osterreich etwa 1% . Die Ausfuhr entzieht dem 
im Inland erzeugten Quantum im Deutschen Reich 
etwa 3 %, in der Schweiz etwa 8 % in Osterreich 
etwa 8 %. Der Handel in Brennholz tritt gegen- 
über demjenigen von Bau= und Nutzholz sehr 
zurück. Die wichtigsten Ausfuhrländer sind: Nuß- 
land, Schweden, Norwegen, Osterreich-Ungarn. 
Die Haupteinfuhrländer sind: England, Frank- 
reich, Belgien, die Niederlande, Spanien und 
Italien. Der Osten Deutschlands bezieht große 
Quantitäten von Holz aus Rußland und Oster- 
reich, während der Südwesten seinen Uberschuß an 
die Rheinprovinz, Westfalen, Frankreich, Belgien 
und die Schweiz abgibt. Letztere bezieht in die 
Nordostkantone außerdem auch aus Osterreich Nutz- 
holz;z die Süd= und Westkantone unterhalten eine 
Ausfuhr nach Italien und Frankreich. — Diese 
Zusammenstellung zeigt, daß innerhalb der grö- 
Wßeren Staaten kleinere Gebiete mit Holzüberfluß 
Forstwirtschaft usw. 
  
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solchen mit Holzmangel gegenüberstehen. Letztere 
beziehen ihren Bedarf aus den Nachbarstaaten 
billiger, als wenn die Ausgleichung von Überfluß 
und Mangel innerhalb der einzelnen Staaten 
selbst stattfinden würde. Die hohen Transport- 
kosten machen dies unmöglich. Die Holzpreise 
sind in verschiedenen Gegenden absolut sehr ver- 
schieden; ihre Bewegung aber ist heutzutage von 
dem allgemeinen Gange von Handel und Verkehr 
beeinflußt. 
Die Einfuhr von ausländischem Holz in das 
Deutsche Reich betrug 1907: 7 156 215 Tonnen 
im Werte von 318,6 Mill. M. Der Wert des 
ausgeführten Holzes ist nur zu 19,5 Mill. M 
angegeben. 
Die Einfuhr hat seit 1888 stetig zugenommen; 
190 8 dagegen ist sie zurückgegangen. 
Eingangs zölle für Holz werden in Deutsch- 
land, auch einigen andern Ländern erhoben. Die- 
selben betragen meist 1—5 %, bei einigen Sorti- 
menten 8—10, selbst 20 % des Wertes. Sie sind 
daher als Finanzzölle zu bezeichnen; als Schutz- 
zölle sind sie zu niedrig. Selbst die erhöhten 
deutschen Zölle haben die Einfuhr von Holz nicht 
zurückzudrängen vermocht. Im Deutschen Reich 
betragen die Eingangszölle für 1 Doppelzentner 
Bau- und Nutzholz: hartes Holz 0,20 M. weiches 
Holz 0,20 (bzw. je nach den besondern Handels- 
verträgen 0,12) M; für beschlagenes oder mit der 
Axt vorgearbeitetes Holz je 0.50, für hartes und 
weiches Holz (vertragsmäßig 0,24) M; für in 
der Längsrichtung gesägtes Holz je 1,25, für har- 
tes und weiches Holz (vertragsmäßig 0,72) A; 
für Eisenbahnschwellen aus hartem und weichem 
Holz je 0,40 (vertragsmäßig 0,24) M; Holz- 
stoff, Zellstoff, Brennholz und Holzkohlen sind 
frei; für Holzmehl und Holzwolle 0,40 M; Gerb- 
rinde 1,50 M (vertragsmäßig frei); Quebracho- 
und anderes Gerbholz 7 (vertragsmäßig 2) AM. 
Im übrigen sind die Holzzölle nur von lokaler 
Bedeutung; ihre Wirkung ist wegen der bedeu- 
tenden Preisunterschiede eine sehr beschränkte. Bei 
den zahlreichen sonstigen Preisfaktoren und den 
bedeutenden Schwankungen der Holzpreise ist ihre 
Wirkung auf die Holzpreise sehr schwer nachzu- 
weisen. Ihre Einführung oder Aufhebung sowie 
die Höhe des Zollansatzes sind von der Zollpolitik 
überhaupt beeinflußt (s. d. Art. Zölle). 
VIII. Serviluten (Waldgrundgerechtigkeiten, 
Walddienstbarkeiten, Einforstungen) sind die einem 
bestimmten Grundstückzustehenden dinglichen Rechte 
auf die Benutzung eines fremden Waldgrund- 
stücks. Ihr Ursprung reicht vielfach in die Zeiten 
der ersten Ansiedlung und die damals herrschende 
Naturalwirtschaft zurück. Im Laufe der Zeit haben 
die Bedürfnisse und wirtschaftlichen Verhältnisse 
sich mitunter geändert, so daß die Servituten da 
und dort als Hemmnisse der Forstwirtschaft emp- 
sunden werden. Gegenstand der Servitutnutzung 
sind die Produkte des Waldes, besonders Holz, 
Waldweide, Gras-, Streu-, Mastnutzung, Harz-
	        
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