Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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zu erledigen. Ist der Waldbesitz nicht so groß, 
daß der Techniker das ganze Jahr über beschäftigt 
wäre, so werden ihm noch andere Geschäfte über- 
tragen (bei Städten und Privaten die Verwaltung 
der Domänen, die Aussicht über die öffentlichen 
Plätze, Baumpflanzungen u. dgl.). Die Wald- 
fläche, welche ein Techniker noch vollständig be- 
wirtschaften kann, beträgt bei intensiver Wirtschaft 
etwa 2000 ha, bei weniger intensiver steigt sie auf 
6000/8000, selbst 10 000 ha. Hierbei muß aber 
vorausgesetzt werden, daß dem Oberförster ein 
tüchtiges Unter= und Hilfspersonal zur Seite steht. 
In gebirgigem Terrain (ebenso bei parzelliertem 
Besitz) erfordern die Waldbesuche mehr Zeit und 
körperliche Anstrengung, so daß dort die Verwal- 
tungsbezirke kleiner gemacht werden müssen als im 
Hügelland oder in der Ebene. Sodann kommt es 
wesentlich auf den Grad der Intensität der Wirt- 
schaft an, da mit demselben die auf derselben 
Fläche zu bewältigende Arbeit zunimmt. In der 
Nähe der Städte muß Kleinhandel mit allen mög- 
lichen Waldprodukten getrieben werden; in ab- 
gelegenen, wenig bevölkerten Gegenden ist der 
Großhandel in der Regel allein möglich. So er- 
klärt es sich, warum Städte mit nur 200—300 ha 
Waldfläche einen eigenen Techniker anstellen 
(Schweiz, Süddeutschland), während anderwärts 
einem Oberförster 10 000 ha zur Bewirtschaftung 
zugewiesen sind (Ostpreußen). Auch die mehr oder 
weniger günstigen, auf den natürlichen Faktoren des 
Bodens und Klimas beruhenden Wachstumsver- 
hältnisse und die auf dieselben begründeten Wirt- 
schaftsarten sind von wesentlichem Einfluß auf 
die jährlich zu erfüllende Aufgabe. Von 2000 ha 
Waldfläche in der Nähe des Bodensees werden 
etwa 12/18000 Festmeter Holz jährlich geerntet; 
um dieselbe Holzmasse zu erzielen, sind in Ost- 
preußen schon 6000 ha erforderlich. Trotz der 
größeren Fläche ist also hier die Arbeit nicht größer. 
Der Wirtschaftsbetrieb selbst (ob natürliche Ver- 
jüngung herrscht oder ob die jungen Bestände auf 
künstlichem Wege erzogen werden, ob ausgedehnte 
Wegbauten vorhanden sind, welche unterhalten 
werden müssen, ob die Holzkäufer das Holz selbst 
fällen oder ob dies von der Forstverwaltung be- 
sorgt wird, ob das Laubholz oder das Nadelholz 
vorherrscht, ob die Brennholz= oder Nutzholzwirt- 
schaft überwiegt usw.) übt einen entscheidenden 
Einfluß auf die jährliche Tätigkeit des Forst- 
mannes aus. Die schristlichen Arbeiten haben sich 
in neuerer Zeit sehr bedeutend gesteigert, so daß 
die bisherige Einrichtung des Dienstes nicht be- 
lassen werden kann, sondern vielfach Gewährung 
von Schreibhilfe nötig wird. Da alle die er- 
wähnten Verhältnisse verschieden gemischt vor- 
kommen, auch an derselben Stelle zu verschiedenen 
Zeiten wechselnde sind, endlich bald der eine, bald 
der andere Gesichtspunkt mehr Berücksichtigung 
erfordert, so muß die Art der Organisation so- 
wohl räumlich als zeitlich eine verschiedene sein. 
Dazu kommt ferner, daß der Bildungsgrad des 
Forstwirtschaft usw. 
  
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Forstpersonals weder in allen Ländern noch zu 
allen Zeiten derselbe ist. Unter sonst gleichen Ver- 
hältnissen werden von dem besser gebildeten Forst- 
techniker auch höhere Leistungen erwartet werden 
dürfen. 
Diese Grundsätze, von welchen die waldbesitzen- 
den Gemeinden und Privaten sich bei Einrich- 
tung des Forstdienstes leiten lassen, haben auch 
ür den Staat als Waldbesitzer ihre Geltung. 
Wo ausgedehnter Staatswaldbesitz vorhanden 
ist, muß die Anstellung von Technikern nach den- 
selben Gesichtspunkten geschehen wie bei andern 
Waldbesitzern. Es kommt aber für den Staats- 
sorsttechniker seine forstpolizeiliche Aufgabe zu der 
rein technischen Aufgabe hinzu. Er hat nicht nur 
die Wirtschaft im Staatswalde zu leiten, sondern 
je nach der Landesgesetzgebung diejenige der Ge- 
meinden und Korporationen zu beaufsichtigen und 
zu überwachen und auch im Privatwalde da und 
dort eine wenigstens allgemeine Aussicht zu führen. 
Die Ausdehnung der Aussichtsbezirke wird nach 
denselben Grundsätzen bemessen werden müssen, 
welche bei der rein technischen Aufgabe maßgebend 
sind; modifizierend wirken aber die in Gemeinde- 
und Privatwaldungen herrschenden Verhältnisse 
ein. Kleine Privatwaldbesitzer, ebenso Gemeinden 
mit kleinem Waldbesitz haben in der Regel keine 
technisch gebildeten Verwalter, wie dies bei grö- 
ßerem Waldbesitz der Fall zu sein pflegt. Im 
ersteren Falle wird die Arbeit des Staatstechnikers 
erschwert und vermehrt; er muß die Wirtschaft 
zum Teil leiten, während er im letzteren nur die 
Oberaussicht zu führen hat. 
Die unterste Stufe bildet das Schutz= und Hilfs- 
personal, welches nur empirische Bildung besitzt. Je 
— 
200/300, auch 500 ha und darüber Wald sind zu 
einem Schutzbezirk vereinigt, in welchem das Hilfs- 
personal den Forstschutz (Abwehr fremder Ein- 
griffe usw.) handhabt. Zwei bis fünf, auch meh- 
rere solcher Schutzbezirke sind zu einem Verwal- 
tungebezirke vereinigt, welcher einem technisch 
gebildeten Forstmann (jetzt meist Oberförster ge- 
nannt) übergeben ist. Bei kleinem und mittlerem 
Besitz ist hiermit die Organisation abgeschlossen. 
Der Oberförster verkehrt direkt mit dem Wald- 
besitzer (Privatmann oder Gemeinderat usw.). Ist 
der Waldbesitz größer, so daß mehrere Ober- 
försterbezirke vorhanden sind, so wird aus diesen 
ein Inspektionsbezirk gebildet und die Inspektion 
einem besondern Techniker (Forstmeister, Forst- 
inspektor) übertragen, der unmittelbar unter dem 
Besitzer steht. Bei sehr großem Waldbesitz (große 
Staaten, Großbesitz des Adels) müssen mehrere 
Inspektionsbezirke gebildet werden, welche einem 
Forstdirektor oder auch einer Behörde mit meh- 
reren Mitgliedern (Forstdirektion) unterstellt sind. 
Über diesen steht der Waldbesitzer (der adlige 
Waldeigentümer, beim Staate das Ministerium). 
Die Waldungen sind bald dem Finanzministerium 
bald dem Ackerbauministerium oder auch dem 
Ministerium des Innern unterstellt. Von großer
	        
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