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allgemeinen Hochschule verschiedene Bedürfnisse
berücksichtigt werden müssen. An die allgemeine
Vorlesung über Chemie, Botanik, Mathematik usw.
müssen deshalb an der allgemeinen Hochschule noch
Spezialvorlesungen über einzelne Gebiete sich an-
schließen (Agrikulturchemie, Forstbotanik). Wenn
dies nicht der Fall ist, steht der Unterricht an der
Hochschule hinter demjenigen an der Akademie zu-
rück. Bezüglich der speziell forstlichen Disziplinen
wird ein Unterschied nicht zu konstatieren sein
zwischen allgemeiner Hochschule oder Akademie.
In der Zeiteinteilung und -verwendung ist man
ferner an der Akademie nicht durch die andern
Fakultäten gehindert und kann insbesondere grö-
Wßeren Nachdruck auf praktische Ubungen und De-
monstrationen im Walde legen. Ein tatsächlicher,
nicht prinzipieller Vorzug der Akademien liegt end-
lich darin, daß ihnen für Unterrichtszwecke be-
besondere Waldungen, sog. Lehrforste, zur Ver-
fügung stehen. Beim Besuch von Hochschule und
Akademie — sei es in dieser oder der umgekehrten
Reihenfolge — läßt sich das Studium nicht ein-
heitlich und systematisch genug einrichten; auch
wird es etwas verteuert. Dem Staate selbst er-
wachsen höhere Kosten für Lehrkräfte und Ein-
richtungen. An der Hochschule tritt der Forstmann
in engeren Verkehr mit denjenigen Ständen, mit
welchen er im späteren Leben zusammen wirken
muß. Da der künftige Forstmann nicht so fast als
Techniker, sondern namentlich als Beamter auf
das Studium an der Hochschule angewiesen ist,
so kann die Verlegung auch des forstlichen Fach-
unterrichts ebenfalls an die Hochschule nur als
zweckmäßig erklärt werden. Dabei ist allerdings
eine Reglung und Einrichtung des ganzen Unter-
richts an der Hochschule zu erstreben, daß die Vor-
teile des Unterrichts an der Akademie möglichst
erreicht werden. Die Aufhebung der Akademien,
die vom Forstpersonal erstrebt wird, scheint ins-
besondere in Preußen nicht beabsichtigt zu sein.
Die Reduzierung der forstlichen Lehrstätten im
Deutschen Reich auf 3 bis 4 stößt ebenfalls auf große
Hindernisse. — Die Dauer des Studiums ist in
einzelnen Staaten ausdrücklich vorgeschrieben (2
bis 4 Jahre), in andern freigegeben und die Aus-
dehnung dem einzelnen überlassen. Die Staats-
prüfung ist jetzt fast überall in drei Abteilungen
zerlegt. Zunächst muß eine Prüfung in Mathe-
matik und Naturwissenschaft abgelegt werden.
Darauf folgt die theoretische Prüfung in den
eigentlichen Fachwissenschaften. An diese schließt
sich eine ein-, zwei-oder dreijährige praktische Aus-
bildung an, nach deren Beendigung die praktische
Prüfung stattfinden kann.
Das Hilfs= und Schutzpersonal erhält in der
Regel nur eine empirische Ausbildung unter der
Anleitung von tüchtigen Praktikern. Diese Aus-
bildung muß sich nicht bloß auf die Geschäfte im
Walde, sondern auch auf die nötigen schriftlichen
Arbeiten erstrecken, soweit solche in den Wirkungs-
kreis des unteren Personals fallen. Da und dort
Fortbildungsschulen.
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werden zu dem erwähnten Zwecke besondere Unter-
richtskurse abgehalten, aus welchen ohne Zweifel
brauchbare Unterförster hervorgehen. Doch ist
notwendig, daß der Unterricht ein vorherrschend
praktischer sei und der theoretische Unterricht auf
die unentbehrlichen Gebiete sich beschränke. Die
in einzelnen Staaten errichteten Waldbau= oder
Försterschulen streben nach demselben Ziele. In
den Anforderungen an das theoretische Wissen
gehen sie aber sehr weit, vielleicht auch zu weit
mit Rücksicht auf die von diesem Personal zu er-
füllenden späteren Aufgaben. Es besteht die Ge-
fahr, daß das aus solchen Schulen hervorgehende
Personal mit dem späteren Wirkungzkreise nicht
zufrieden ist und höheren Stellen nachstrebt. Die
Grenze des höheren und niederen Forstdienstes
sollte aber scharf gezogen und ein Überschreiten
derselben nicht gestattet werden.
Literatur. Pfeil, Grundsätze der F. in Be-
zug auf Nationalökonomie (2 Bde, 1822/24); Hun-
deshagen, Forstpolizei (1821,/1859); Berg, Staats-
forstwirtschaftslehre (1850); Albert, Staatsforst-
wissenschaft (1875); Lehr-Endres, Forstpolitik, im
Handbuch der Forstwissensch., hrsg. von Lorey-
Stötzer (71903); Bühler, die forstpolit. Artikel im
Illustrierten Forst= u. Jagdlexikon, hrsg. von Fürst
*1904); Graner, Forstgesetzgebung u. Forstver-
waltung (1892); Schwappach, Forst-, Jagd= u.
Fischereipolitik (1894); Endres, Forstpelitik
(1906). Ferner sind forstpolitische Abschnitte in den
allgemeinen nationalökonom. Werken von Conrad,
Philippovich, Roscher, Schäffle, Schönberg, Schmol-
ler, Wagner enthalten, ebenso in Conrads Hand-
wörterbuch der Staatswissenschaften (von Endres)
u. in Elsters Wörterbuch der Volkswirtschaft (von
Jentsch). Über einzelnes vgl. Danckelmann, Ab-
lösung u. Reglung der Waldgrundgerechtigkeiten
(3 Bde, 1880/88); Bericht über die VI. Versamm-
lung deutscher Forstmänner zu Bamberg 1877;
über die VII. zu Dresden 1878; Dimitz, Osterr.
Forstwesen (1890). — Die forststatistischen Daten
sind vielfach auch in den allgemeinen statistischen
Zeitschriften enthalten. Üüber die meisten Länder
geben besondere forststatistische Werke Aufschluß; in
einigen Staaten erscheinen jährlich statistische Nach-
weisungen. Der Deutsche Forstverein behandelt
regelmäßig ein forstpolitisches Thema auf seinen
Versammlungen. Auch die lokalen Forstvereine
üben eine sehr ersprießliche forstpolitische Tätigkeit
aus. [IBühler.]
Fortbildungsschulen. Die Fortbil=
dungsschulen wollen ursprünglich, und so noch
heute meistens auf dem Lande, nichts anderes
als den aus der Volksschule entlassenen Knaben
und Mädchen, gewöhnlich bis zum 17., höchstens
bis zum 18. Lebensjahre, eine systematische Weiter-
bildung vermitteln, wobei die Anforderungen (Ge-
setzes= und Bürgerkunde, Gewerbslehre usw.), die
das praktische Leben an den Menschen stellt, mehr
berücksichtigt werden sollen, als dies in der Volks-
schule möglich ist. Erst gegen Beginn des 19. Jahrh.
(erstmals obrigkeitlich geregelt 1817 in Kurhessen)
treten zu diesen allgemeinen Fortbildungs-
schulen die heute in den Städten durchaus vor-