Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

335 Fremdenrecht. 336 
scheines von der Sicherheitsbehörde seines bis= und auch auf die Nachkommen der ursprünglichen 
herigen Aufenthaltsortes ausgefolgt. Russische Schutzbefohlenen übertragen wurden. Die Mächte 
Untertanen dürfen nur nach vorgängig eingeholter verfolgten mit der Heranziehung von Schutzbefoh- 
kaiserlicher Genehmigung ihre Staatsangehörig= lenen den politischen Zweck, sich in den Ländern 
keit wechseln. Jedes Zuwiderhandeln wird als nicht-christlicher Staaten (Osterreich und Rußland 
Verbrechen mit dem Verlust aller bürgerlichen in den ehemaligen Donaufürstentümern — Deutsch- 
Rechte und lebenslänglicher Verbannung und im land in der Levante — Spanien in Marokko) einer 
Falle der Rückkehr mit Versendung nach Sibirien Anzahl von Personen zur Förderung ihrer kon- 
geahndet. Diejenige Staaten, in welchen russische sularen und handelspolitischen Interessen zu ver- 
Staatsangehörige die Einbürgerung anstreben, sichern. Diese Personen genießen eine privilegierte 
fügen daher in den bezüglichen Einbürgerungs= Stellung, genießen die Rechte der Inländer, ohne 
dekreten, wie dies auch bezüglich türkischer Unter= deren Pflichten, namentlich die Wehrpflicht, erfüllen 
tanen der Fall ist, den Zusatz bei, daß den Ein= zu müssen. Aus dem letzteren Grunde ist denn 
zubürgernden im Falle der Rückkehr nach dem auch dieses Verhältnis in Auflösung begriffen. 
früheren Heimatlande bezüglich der obigen Rechts= Osterreich, welches die größte Zahl von Schutz- 
nachfolgen ein Schutz nicht zuteil werden könne. befohlenen hatte (etwa 70000 in Rumänien), 
Auch das Verbot der jüdischen Einwanderung in hat schon seit Beginn der 1850er Jahre keine 
Syrien und Palästina und die Beschränkung der neuen Defakto-Untertanen mehr angenommen und 
Aufenthaltsdauer einzelner Eintrittswerber besteht auf Grund eines Übereinkommens mit der rumä- 
noch aufrecht. nischen Regierung vom 2./14. Mai 1887 erklärt, 
3. Das strenge Fremdenrecht früherer Jahr= daß es, vom 1. Jan. 1888 n. St. angefangen, 
hunderte, welches von den Personen auf die Sachen denjenigen Personen in Rumänien, die nicht tat- 
übertragen wurde, ist beinahe spurlos verschwun= sächlich entweder österreichische oder ungarische 
den, so die Belastung in der Form der alten Ab= Untertanen sind, seinen Schutz nicht mehr ge- 
zugsrechte (iura detractus), der gabella here- währen werde. 
ditaria (Abschoß), des census emigrationis Bezüglich der Rechtsstellung der Fremden zur 
(Abfahrtgeld). In Verträgen wird auch noch das Territorialhoheit des Aufenthaltsstaates lassen sich 
sog. Embargo, die eigenmächtige Benutzung frem= völlig übereinstimmende Grundsätze selbst für 
der Schiffe zu irgendwelcher militärischen Expe= Staaten der gleichen Kulturstufe nicht nachweisen, 
dition oder öffentlichen Verwendung für ausge= doch kann man sagen: die Erschließung des Landes 
schlossen erklärt. — Die Privatrechte der Fremden gewährt den Staatsfremden das Recht, das Ge- 
sind im Frieden wie im Kriegsfalle zu achten, biet des Staates zu betreten, an jedem Orte inner- 
dieselben können auch nicht Gegenstand von Re= halb desselben sich aufzuhalten und ohne besondere 
pressalien (s. d. Art.) sein. Da die bürgerlichen Abgabe ihre Erwerbsfähigkeit auszuüben. Doch 
Rechte nicht mehr an die Scholle gebunden sind, pflegt die Ausübung gewisser Erwerbsarten, z. B. 
so kann es dem Fremden nicht verwehrt sein, Seefischerei, Küstenfrachtfahrt, der Hausierhandel, 
Grundeigentum im Auslande zu erwerben, wo= den eigenen Staatsangehörigen vorbehalten zu 
durch er diesem gegenüber zum sujet forain werden. Bürgerlich rechtlich stehen die Staats- 
(Forensen) wird. Als solcher untersteht er als sog. fremden den Staatsangehörigen grundsätzlich gleich; 
landsassiatus dem Gerichtsstand der belegenen daher sind auch alle den Staatsfremden als solchen 
Sache in allen Streitsachen, welche den inländi- 1 treffenden Abgaben dem heutigen Völkerrecht fremd. 
schen Grundbesitz betreffen, und hat alle diesfälligen Im Zivilprozeß ist der Ausländer insofern un- 
Grundlasten gleich dem Inländer zu tragen. Die günstiger gestellt, als er mangels besonderer Ver- 
Hervorhebung einer besondern Art, des sog. land- einbarung (eine solche ist das Haager Abkommen 
Sassiatus plenus, b. i. eines Ausländers, welcher — vom 14. Nov. 1896) Sicherheit für Prozeßkosten 
vermöge seines ausgedehnten Grundbesitzes nicht zu leisten und keinen Anspruch auf das Armenrecht 
bloß in den auf diesen bezüglichen Rechtssachen, hat. Die Gleichstellung bezieht sich auch nicht ohne 
sondern auch in allen Streitsachen, auch den per= weiteres auf die ausländischen juristischen Per- 
sönlichen Klagen, dem forum rei sitae unterstehen sonen. Auf die Ausübung derjenigen politischen 
oll, ist als übermäßige Ausdehnung des Terri= Rechte, die den Staatsangehörigen die Teilnahme 
torialprinzips rechtlich nicht zu billigen. an der Verfassung und Verwaltung des Staates 
Dagegen sind nach dem geltenden Vertrags= gewährleisten, hat der Ausländer selbstverständlich 
und Gewohnheitsrecht allerdings noch zwei Klas= keinen Anspruch, also insbesondere nicht auf das 
sen von Fremden hervorzuheben: a) die Schutz= politische Wahlrecht. Die Zusicherung der Ge- 
genossen (protégés), d. h. Personen, denen ein wissensfreiheit mit Einschluß des religiösen Kultus 
Staat, ohne Rücksicht darauf, ob sie seine Unter= und des Schutzes der Person und des Eigentums 
tanen sind oder nicht, aus nationalen oder kon= ist noch von Wichtigkeit jenen Staaten gegenüber, 
fessionellen Rücksichten seinen Schutz im Auslande die dermalen zur Völkerrechtsgemeinschaft noch 
zuwendet; bh) die sog. Defakto-Untertanen, d. i. nicht gehören. Die Zulässigkeit des Eintritts in 
Schutzbefohlene auf Grund besonderer Schutz= das fremde Staatsgebiet — ohne oder mit Er- 
briefe, welche im Laufe der Zeit immer erneuert laubnisschein — bildet im Verkehrsleben der zivili- 
  
  
  
 
	        
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