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denselben behindert oder geschädigt werde. In
engerer Bedeutung geht dasselbe entweder als
Privatrecht auf das rechtmäßige Handeln der ein-
zelnen Privatpersonen in ihrem gegenseitigen Ver-
hältnis untereinander und ist dann das Recht im
strengsten Sinne, oder es bezieht sich auf das rich-
tige Verhältnis des einzelnen zur Gesellschaft und
dieser zu jenem und ist dann das öffentliche Recht.
Das Recht selbst wird so entweder im objektiven
Sinne genommen als die gesetzliche Norm für die
Rechte oder im subjektiven Sinne als Berechtigung
oder Befugnis.
Die Gerechtigkeit ist die erste und wichtigste
Tugend zur Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen
Ordnung besonders für diejenigen, welche durch
Handhabung der regierenden, gesetzgebenden, rich-
terlichen und strafenden Gewalt die menschliche
Gesellschaft zu leiten haben. Daher das Wort:
Lustitia est fundamentum regnorum. Wie aber
jede menschliche Tugend erst aus ihrem Grunde
und Ideale in Gott begriffen wird, so erfassen
wir auch das Wesen der Gerechtigkeit erst dann,
wenn wir sie als ein Nachbild der göttlichen Ge-
rechtigkeit, und das menschliche Recht als einen
Reflex der von Gott festgesetzten Ordnung er-
kannt haben. Gott ist gerecht, weil er jedem das
Seinige gibt, aber nicht bloß seinen Geschöpfen
das ihnen als Lohn oder Strafe Gebührende er-
teilt, sondern zuoberst das ihm selbst von seinen
Geschöpfen Gebührende sich zuerkennt und fordert.
Die Beziehung zu einem andern (ad alterum)
fehlt somit auch nicht bei der göttlichen Gerechtig-
keit; ja sie findet sich sogar bei der auf ihn selbst ge-
richteten Gerechtigkeit, indem er für sich den schul-
digen Tribut von seinen Geschöpfen will (Thomas
v. Aquin, Summa theol. 1, q. 21, a. 3). Aber
sie findet sich noch deutlicher bei der Gerechtigkeit
Gottes gegen die Geschöpfe, kraft welcher er das
Gute belohnt und das Böse bestraft, seine Güter
unter die Geschöpfe nach einem richtigen Verhält-
nis verteilt. Während die Liebe Gottes seine eigene
absolute Vollkommenheit zum Objekte hat, geht
hingegen die Gerechtigkeit auf das richtige Ver-
hältnis derselben zu den endlichen geschaffenen
Gütern sowie auf das richtige Verhältnis dieser
zueinander. — Über die göttliche Gerechtigkeit s.
Pohle, Lehrbuch der Dogmatik 1/ (1908) 227 f.
Die menschliche Gerechtigkeit wird daher ein
Nachbild der göttlichen erst dann, wenn auch sie
in erster Instanz Gott das ihm Gebührende gibt
und sodann auch den Mitmenschen. Gott können
wir jedoch nur annäherungsweise den ihm schul-
digen Tribut darbringen, sei es in den Akten der
Gottesverehrung oder in den übrigen sittlich guten
Werken, die wir zu Akten der Gottesverehrung
und der Gerechtigkeit gegen Gott erheben; dennoch
können wir ihm niemals das in entsprechender
Weise vergelten, was wir von ihm empfangen
haben. Das vornehmliche Objekt für die mensch-
liche Tugend der Gerechtigkeit ist und bleibt daher
das für die Mitmenschen Gerechte oder das Recht
Gerechtigkeit.
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des Nächsten, welches jedoch wiederum in Gott
seinen Grund hat, ein Abglanz der von Gott ent-
worfenen Rechtsordnung und von Gott mit der
Berechtigung ausgestattet ist, die Forderungen des
Rechts zu erzwingen. Während die Erörterung der
Gerechtigkeitspflichten gegen Gott mehr in das
Gebiet der Ethik und Moraltheologie gehört, hat
hingegen der Begriff der Gerechtigkeit der Men-
schen untereinander sowie gegen den Staat auch
in der Jurisprudenz und Staatswissenschaft eine
Stelle, und in diesem engsten Sinne nehmen auch
die Rechtsgelehrten die Begriffsbestimmung, welche
oben Ulpian von der Gerechtigkeit gegeben hat.
Recht im objektiven Sinne ist der Inbegriff
der Gesetze, welche die Rechte und Rechtspflichten
genau bestimmen, und somit die Norm auch für die
Gerechtigkeit. Diese Rechtsnorm hat ihre bewir-
kende ideale und finale Ursache ebenso in der lex
aeterna wie das Sittengesetz überhaupt (vgl. E.
Seydl, Das ewige Gesetz in seiner Bedeutung für
die physische u. sittliche Weltordnung (1902|). Sie
ist entweder unmittelbar von Gott aufgestellt oder
mittelbar durch die rechtmäßige Autorität in Kirche
und Staat und kann eben nur von Gott die ver-
pflichtende Kraft erhalten, weil wir nur die von
ihm uns auferlegte Pflicht als solche in unserem
Gewissen anerkennen können. Demgemäß gibt es
ein Naturrecht (ius naturae), welches jedem Men-
schen angeboren ist und von seiner Vernunft als
verpflichtend anerkannt wird; ferner ein ius gen-
tium, welches alle Kulturvölker als eine notwendige
Folgerung aus den obersten Grundsätzen des Na-
turrechts und deshalb ebenfalls als bindende Norm
anerkennen; zuletzt ein positives Recht (jus posi-
tiwum), welches entweder von Gott oder von der
rechtmäßigen Autorität in Kirche und Staat mit
freiem Willen aufgestellt worden ist (ius positi-
vum divinum, eccelesiasticum, civile). — Vgl.
F. Walter, Naturrecht u. Politik (21871) 66 f;
J. Haring, Der Rechts= u. Gesetzesbegriff in der
katholischen Ethik u. modernen Jurisprudenz
(1899); V. Cathrein, Moralphilosophie I/(1904)
319 ff; ders., Recht, Naturrecht u. positives Recht
1901).
2. Arten der Gerechtigkeit. Bei der Ver-
schiedenheit der Rechtsbeziehungen innerhalb der
gesellschaftlichen Ordnung unterscheidet man eine
dreifache Gerechtigkeit: die ausgleichende (justitia
commutativa), die legale (justitia legalis) und
die austeilende Gerechtigkeit (iustitia distribu-
tivah). Dieiustitia commutativa hat das Privat-
recht, d. h. das dem einzelnen Menschen seinen
Mitmenschen gegenüber zustehende strenge Recht
(ius strictum) zum Objekte und legt eine so
strenge und so genau umschriebene Pflicht auf, daß
sich aus der Verletzung derselben die Restitutions-
pflicht ergibt. Das letztere ist noch nicht der Fall
bei einer Verletzung der iustitia legalis, welche
das allgemeine Wohl (bonum commune) der
menschlichen Gesellschaft zum Objekte hat und
das Verhältnis der Einzelperson zur Allgemein-
—