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Handhabung der Schutzmaßregeln und eine zu-
treffende gesetzliche Reglung der Arbeiterschutzvor-
schriften ermöglichen. Auch wird eine stärkere
Zentralisation sich der Kontrolle und der richtigen
Auswahl der Aufsichtsbeamten für die einzelnen
Stellen förderlich erweisen. Empfehlenswert dürf-
ten ferner Konferenzen der Beamten eines Landes
oder einzelner Landesteile unter sich und mit den
Beamten anderer Länder des Reiches sein. Eine
Reichszentralstelle für die Gewerbeaufsichtsbeamten
oder die Anstellung von Reichsbeamten als solche
ist jedoch nicht geboten.
Für die Weiterentwicklung der Gewerbegesetz-
gebung und des Gewerbewesens ist die Gewerbe-
inspektion bisher nicht nutzbar gemacht worden;
bei der früheren geringen Zahl der Beamten war
dies auch unmöglich. Denn das Anmt stellt an
sich schon hohe Ansprüche an Körper und Geist
derselben: viele Reisen, mannigfache und eingehende
technische, hygienische, volkswirtschaftliche, juri-
stische und statistische Kenntnisse sind notwendig;
dazu kommen Gutachten für Berufsgenossenschaften,
für Justiz= und Verwaltungsbehörden (für erstere
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Straf-
sachen), Berichte an die vorgesetzten Behörden,
Kanzleigeschäfte und statistische Erhebungen. Zu
hohe Anforderungen an Zeit und Kraft der Ge-
werbebeamten behindern diese auch an einer wirk-
samen Ausübung ihrer Vertrauensstellung gegen-
über Arbeitern und Arbeitgebern. Anzustreben
ist eine weitergehende Mitwirkung der Gewerbe-
beamten bei den Beratungen der Behörden über
Gewerbeanlagen, Gewerbevorschriften und Ge-
werbegesetze, die ohne Anderung der Gesetzgebung
durch die Landeszentralbehörden angeordnet wer-
den kann. Für die kontrollierende Tätigkeit der
Gewerbebeamten ist zugleich eine gesetzliche Er-
weiterung ihrer Befugnisse dahin wünschenswert,
daß sie bei ihren Revisionen Arzte, Chemiker und
andere Sachverständige auf Kosten der Gewerbe-
unternehmer zuziehen können, um den Betriebs-
unfällen entgegenzuwirken. Aus demselben Grunde
empfiehlt es sich auch, den Gewerbebeamten von
den Betriebsunfällen Nachricht geben zu lassen.
4. Staatenvergleichung. Das durch Gesetz
vom 17. Juni 1883 in Osterreich geschaffene
Institut der Gewerbeinspektoren zeigt insofern eine
Eigentümlichkeit, alsschon von vornherein die Tätig-
keit der Gewerbeinspektoren nicht auf Fabriken be-
schränkt war, wie dies in Deutschland bis 1891 zu-
traf, sondern in der Regel alle gewerblichen Unter-
nehmungen des Aussichtsbezirks umfaßte. Da-
neben können dort einzelne Industriezweige unter
die Aufsicht von Spezialgewerbeinspektoren gestellt
werden. Die Aufgabe der österreichischen Gewerbe-
inspektoren ist außerdem noch eine weitere als
diejenige der deutschen; sie beaussichtigen nicht
nur die zum Schutze von Leben und Gesundheit
der Arbeiter getroffenen Einrichtungen in den
Arbeits= und den von den Gewerbeinhabern den
Arbeitern gestellten Wohnräumen, nicht nur die
Gewerbeaufsicht.
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Verwendung von Arbeitern, die tägliche Arbeits-
zeit und die periodischen Arbeitsunterbrechungen,
die Führung von Arbeitsverzeichnissen und das
Vorhandensein von Dienstordnungen, die Lohn-
zahlungen und Arbeiterausweise, sondern auch die
gewerbliche Ausbildung der jugendlichen Hilfs-
arbeiter. Exekutive besitzen sie nicht; Gesetzwidrig-
keiten haben sie der Gewerbebehörde anzuzeigen,
welche ihre Verfügung dem Gewerbeinspektor mit-
zuteilen hat, der gegen dieselbe an die höhere Be-
hörde Rekurs ergreifen kann. Den Gewerbe-
behörden hat der Inspektor als beaufsichtigendes,
berichtendes und beratendes Organ behilflich zu
sein; jene haben ihn von ihren Verhandlungen
über gewerbliche Anlagen zu benachrichtigen und
ihm von Gewerbeunfällen Kenntnis zu geben.
Ausgeübt wird die Gewerbeinspektion durch Ge-
werbeinspektoren unter einem Zentralgewerbe-
inspektor. Sie können bei ihren Revisionen ürzte,
Chemiker oder andere Sachverständige auf Kosten
der Gewerbeunternehmer hinzuziehen. In Ungarn
wurde das Institut der Fabrikinspektoren 1887
durch Ernennung eines Zentralgewerbeinspektors
und dreier Inspektoren, welchen neben ihren frü-
heren Amtsgeschäften die Inspektion der Fabriken
zugewiesen wurde, ins Leben gerufen. Durch Gesetz
vom 27. Dez. 1898 ist die Gewerbeinspektion all-
gemein geregelt.
In der Schweiz werden seit 1878 die Fabrik-
inspektoren vom Bundesrat ernannt, welcher auch
Spezialinspektionen anordnen kann. Die Haus-
industrie ist nicht beaufsichtigt. Die Schweiz ist in
drei Inspektionsbezirke geteilt mit je einem Fabrik-
inspektor und einem Adjunkten, welche dem eid-
genössischen Industrie= und Landwirtschaftsdepar-
tement unterstellt sind.
Die französische Fabrikinspektion erfolgt
durch 11 staatliche Divisionsinspektoren (inspec-
teurs divisionnaires) und durch Departements-
inspektoren, welche von den Generalräten ernannt
werden, aber den Divisionsinspektoren unterstellt
sind. Eine commission supérieure, bestehend
aus 9 Mitgliedern, hat den gleichmäßigen Voll-
zug der erlassenen Vorschriften zu überwachen.
Die Kommission muß außerdem Ausführungs-
verordnungen begutachten sowie die Erfordernisse
für die Anstellung im Aufssichtsdienste festsetzen.
Die neben ihr stehenden commissions dépar-
tementaux haben über die Anwendung und er-
forderliche Verbesserung des Gewerbegesetzes an
den Minister zu berichten. — In Dänemark
überwachen zwei Arbeitsinspektoren den Vollzug
der Arbeiterschutzgesetze; Schweden hat durch
das Schutzgesetz vom 10. Mai 1889 das Institut
sachverständiger Inspektoren eingeführt, deren Zahl
fünf beträgt. Eine gleiche Zahl von Gewerbe-
inspektoren ist in den Niederlanden tätig. —
Rußland hat seit 1882 für seine industrie-
reicheren Provinzen Bezirksinspektoren mit einem
Oberinspektor, welcher dem Finanzministerium
unterstellt ist.