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Atome zerschlagene Gesellschaft einer mit den wei-
testgehenden Machtbefugnissen versehenen Zentral-
gewalt auszuliefern. Mit dem Vorgeben, daß die
sozialdemokratische Umgestaltung der
Gesellschaft endlich die volle Verwirklichung der
Gleichheit bringen werde, entflammen die Führer
auch jetzt wieder die mit ihrem Lose unzufriedenen
Massen. Daß aber jeder Versuch, das Programm
in die Tat zu übersetzen, nur mit Aufbietung un-
erhörter Zwangsmittel, nur durch eine totale Ver-
gewaltigung aller und jeder Freiheit gemacht wer-
den könnte und daß trotzdem jeder solche Versuch
an seiner innern Unmöglichkeit scheitern müßte,
braucht an dieser Stelle nicht des weiteren aus-
geführt zu werden. Hier ist vielmehr die Aufgabe,
gegenüber sowohl jenen geschilderten tatsächlichen
Verhältnissen als dem Zauber, welchen das Schlag-
wort auch heute auszuüben nicht aufhört, das
Wesen der Gleichheit festzustellen und die daraus
sich ergebenden rechtlichen und politischen Anfor-
derungen zu bestimmen.
2. Gleichheit und Ungleichheit der Men-
schen. Die Menschen sind von Natur gleich, d. h.
sie haben sämtlich die gleiche geistig-leibliche Or-
ganisation, sind denselben physischen und mora-
lischen Gesetzen unterworfen, haben sämtlich die
gleiche Aufgabe und das gleiche Endziel: für das
Diesseits die Auswirkung der vollen menschlichen
Persönlichkeit in Unterordnung unter das Sitten-
gesetz, und dazu den andauernden Besitz und Ge-
nuß abschließender Vollendung im Jenseits. Zu
diesem, was die theistisch-teleologische Philosophie
erweist, fügt das Christentum die Anwartschaft
auf die beseligende, durch die Gnade vermittelte
Vereinigung mit Gott in Erkenntnis und Liebe
hinzu. Aber dieser natürlichen Gleichheit steht
nach andern Beziehungen eine ebenso in der Natur
begründete, steht die durch das gesellschaftliche
Zusammenleben bedingte und endlich die durch
naturgemäße Entwicklung des menschlichen Lebens
gesteigerte und befestigte Ungleichheit gegen-
über. In der Natur begründet sind die Unter-
schiede des Alters und Geschlechtes. Trotz aller
Deklamationen von der notwendigen Gleichstel-
lung der Frauen bleibt doch die Tatsache bestehen,
daß entsprechend dem natürlichen Berufe der Frau
der weibliche Organismus, und zwar nicht nur
nach der physischen, sondern auch nach der seeli-
schen Seite, so tiefgreifende Unterschiede aufweist,
daß eine ausnahmslose Beteiligung an der Be-
schäftigung und Lebensweise des Mannes unmög-
lich ist. Aber auch die Ungleichheit der körperlichen
und geistigen Begabung, die Verschiedenheit der
Talente und Charaktereigenschaften ist eine un-
leugbare Tatsache, für welche jede Kinderstube die
deutlichsten Belege gibt. Wenn etwa die sozial-
demokratische Anthropologie diese Tatsache mit
Hilfe des Atavismus als die Folge der in der
historischen Gesellschaft von Geschlecht zu Ge-
schlecht fortgepflanzten Ungleichheit erklären will
und uns, nachdem erst alle Klassenherrschaft be-
Gleichheit.
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seitigt sein und die kommunistische Organisation
ihren Einfluß auszuüben begonnen haben wird,
eine völlige Beseitigung dieser Unterschiede ver-
heißt, so ist mit solchen durch nichts wahrscheinlich
“ Utopien selbstverständlich nicht zu
rechten.
Zu der in der Beschaffenheit der einzelnen In-
dividuen begründeten Ungleichheit kommt sodann
die Ungleichheit der sozialen Stellung, welche sich
jederzeit als eine unvermeidliche Folge des Zu-
sammenlebens mehrerer herausstellt. Wo viele
zusammen oder auch nur nebeneinander bestimmten
Zwecken nachgehen, da ist das Vorhandensein
einer anerkannten Autorität unentbehrlich, welche
anordnet, befiehlt und in rechtlicher Weise zwingt.
Jekomplizierter sich das Leben einer solchen mensch-
heitlichen Vereinigung gestaltet, je mannigfaltiger
die Zwecke und Bedürfnisse, je vielseitiger die
Interessen werden, desto weniger wird ein aus-
gebildeter Behördenorganismus zur Aufrechterhal-
tung des Rechts und zur Wahrung und Förderung
der gemeinen Wohlfahrt entbehrt werden können.
Damit ist ein neues Moment der Ungleichheit in
den verschiedenen Abstufungen von Befehlenden und
Gehorchenden gegeben. Das Ideal der extremen
Gleichheitsfanatiker ist daher konsequenterweise die
Anarchie. Aber dieselbe widerstreitet so sehr der
menschlichen Natur, daß sie sich auch in der Zu-
kunft immer nur als Vorstufe für die Aufrichtung
einer Gewaltherrschaft bewähren wird. Der sozial-
demokratische Zukunftsstaat aber, der eine Regle-
mentierung des gesamten Lebens bringen müßte,
gegen welche die Einrichtungen des alten Polizei-
staates zum Kinderspiel würden, hätte gegen diese
Ungleichheit kein Heilmittel, als daß er reihum
alle Bürger in kurzen Fristen zu der Bekleidung
aller und jeder Amter beriefe, ein Ausweg, der
alsbald seiner vollendeten Widersinnigkeit wegen
aufgegeben werden müßte.
Die natürliche Ungleichheit der Individuen wird
gesteigert durch die Verschiedenheit des Besitzes. An
dieser Stelle kann natürlich nicht auf die Lehre
vom Eigentum in ihrem ganzen Umfange und die
Frage der Berechtigung oder Nichtberechtigung
des Privateigentums eingegangen werden. Richtig
aber ist, daß die Anerkennung eines privaten und
vererbbaren Eigentums jederzeit die ungleiche Ver-
teilung der Güter zur Folge gehabt hat und auch
eine periodisch vorgenommene Ausgleichung die
stets wieder auftretende Verschiedenheit nicht end-
gültig beseitigen könnte. Denn hier, in Erwerb
und Verbrauch, in Verwaltung und Verwertung
der materiellen Güter wird sich immer wieder die
natürliche Ungleichheit der Besitzer geltend machen.
Der ungleiche Besitz ist aber nur die Quelle wei-
terer Verschiedenheiten: der Erziehung, Bildung,
Sitte, Lebensweise. Von Anfang an finden sich
die Kinder der besitzenden Stände in einer begün-
stigten Lage. Der von den Eltern erworbene oder
bewahrte Besitz gibt ihnen die gesicherte Grund-
lage, auf welcher stehend sie sich für ein der Wissen-