807 Glücks= oder Hazardspiele. 808
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche ist ein Ausgang des Rennens auch keinerlei weiteres
Lotterievertrag oder ein Ausspielvertrag verbind= Interesse hat. Diese Art der Glücksspiele hat nun-
lich, wenn die Lotterie oder die Ausspielung staat= mehr durch das Reichsgesetz vom 4. Juli 1905
lich genehmigt ist, andernfalls gilt das gleiche
wie bei Spiel und Wette. Gleichgültig ist, ob
die Lotterie oder Ausspielung öffentlich, ob vom
Staate veranstaltet oder von einer Privatperson.
Die Genehmigung kommt demjenigen Bundes-
staate zu, in dessen Gebiet die Lotterie oder Aus-
spielung veranstaltet werden soll; die auf Grund
einer derartigen Genehmigung abgeschlossenen
Lotterieverträge und sonstige damit in Verbin-
dung stehende Rechtsgeschäfte sind zivilrechtlich
verbindlich.
Das Differenzgeschäft der Börsen fand
is zur Einführung des B. G. B. bezüglich seiner
ültigkeit geteilte Beurteilung, wenn auch über-
eine allgemeine Reglung erfahren. Hiernach ist
der Betrieb eines Wettunternehmens für öffentlich
veranstaltete Pferderennen nur mit Erlaubnis der
Landeszentralbehörde oder der von ihr bezeichneten
Behörde zulässig; die aus den Wettunternehmen
fließenden Einnahmen müssen ausschließlich zum
Besten der Landespferdezucht verwendet werden,
die geschäftsmäßige Vermittlung von Wetten ist
verboten; die Hälfte des Ertrages der aus den
Unternehmen erwachsenden Reichsstempelabgabe
wird vom Reiche an die Regierungen der Einzel-
staaten zur Verwendung im Interesse der Pferde-
zucht ausbezahlt.
Wer ohne obrigkeitliche Erlaubnis öffentliche
wiegend das reine Differenzgeschäft rechtlich wie der Lotterien veranstaltet, wird mit Gefängnis bis zu
verbotene Spielvertrag behandelt wurde; nunmehr zwei Jahren oder Geldstrafen bis zu 3000 M be-
hat das B.G.B. nicht nur die Merkmale des Dif= straft; den Lotterien sind öffentlich veranstaltete
ferenzgeschäftes näher bestimmt, sondern auch seine Ausspielungen beweglicher oder unbeweglicher
Behandlungals Spielausdrücklich normiert (6764: Sachen gleichzuachten. Hierher gehört z. B. das
Wird ein auf Lieferung von Waren oder Wert= Ausschreiben von Preisrätseln in Zeitungen. Be-
papieren lautender Vertrag in der Absicht geschlos= stritten ist, ob das Landesstrafrecht, welches die
sen, daß der Unterschied zwischen dem vereinbarten Materie des Glücksspiels, insbesondere das Spiel
Preise und dem Börsen= oder Marktpreise der Liefe= in auswärtigen Lotterien und das Kollektieren für
rungszeit von dem verlierenden Teil an den gewin= dieselben betrifft, noch Anspruch auf Geltung hat
nenden gezahlt werden soll, so ist der Vertrag als (namentlich preuß. Gesetz vom 29. Juli 1885;
Spiel anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn nur bayrisches Polizeistrafgesetzbuch). Die bejahende
die Absicht des einen Teiles auf die Zahlung des Meinung des Reichsgerichts hat in der Doktrin
Unterschiedes gerichtet ist, derandere Teil aber diese und Praxis lebhaften Widerspruch gefunden.
Absicht kennt oder kennen muß). Hier sei auch des Literatur. Joh. Heinr. Bender, Das Lotterie-
Börsenterminhandels gedacht. Vgl. d. Art. recht (1841); Bruck, über Spiel u. Wette (1868);
Börse. Das verbotene Spiel ist im Deutschen Schuster, Das Spiel, seine Entwicklung u. Bedeu-
Reiche an sich nicht strafbar, sozialpolitische, tung im deutschen Recht (1878); Friedr. Ende-
sicherheitspolizeiliche und staatsfinanzielle Rück= mann, Beiträge zur Gesch. der Lotterie u. zum
sichten haben aber zu einigen Ausnahmen geführt. heutigen Lotterierecht (1882); Schönhardt, Alea-
So bedroht das deutsche Strafgesetzbuch das ge- Üüber die Bestrafung des Glücksspiels im älteren röm.
werbsmäßige, also das fortgesetzte, auf Erwerb Recht (1885); Windscheid, Lehrbuch des Pandekten-
gerichtete Glücksspiel mit Gefängnis bis zu zwei
rechts II, § 419; Gerber, System des deutschen
Privatrechts (11882) § 193; Stobbe, Handb. des
Jahren und läßt daneben Geldstrafe bis zu 6000 M - -. 13 242.
und den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zu. Hauschen Brinatrechte, l E i Mlank,
Bei Ausländern kann die Landespolizeibehörde dem Strafrecht V (1897); Oppenhoff u. Olshausen,
die Ausweisung aus dem Reichsgebiete verfügen. Kommentare zum Reichsstrafgesetzbuch; Liszt, Lehr-
Ferner trifft Geldstrafe bis zu 1500 M den In= buch des deutschen Strafrechts (11903); Zeitschrift
haber eines öffentlichen Versammlungsortes, der für die ges. Strafrechtswissenschaft (Liszt) Bd I
Glücksspiele überhaupt daselbst gestattet oder zur
Verheimlichung solcher Spiele mitwirkt. Mit Geld-
strafe bis zu 150 M oder Haft wird bestraft, wer
unbefugt, d. h. ohne Gestattung der zuständigen
III, VII, XIX: Gerichtssaal Bd XIVI (1892) 462;
Stenglein, Lexikon des deutschen Strafrechts nach
den Entscheidungen des Reichsgerichts (Art., Glücks-
spiel"“); Henning, Der Totalisator (71898); Geck,
Die Wettgeschäfte im Rennsport (1899); Hirschfeld,
Behörde auf einem öffentlichen Wege, einer Straße. lüber Wettrennen u. Rennwetten (1899); Sieghart,
einem öffentlichen Platz oder in einem öffentlichen Die öffentl. Glücksspiele (1899); Roscher, Gesch. der
Versammlungsort Glücksspiele hält.
Die Wetten am Totalisator und das Buch-
machen bei Wetten aus Anlaß von Pferderennen
sind Glücksspiele, weil es für die Wettenden ledig-
lich auf den erhofften Gewinn und keineswegs
Nationalökonomie in Deutschland (1874) 462, 527;
Verwaltungsarchiv XIV 341 ff (Bornhak); Rönn-
berg, Das Reichs= u. Landes-Lotterie= u. sonstige
GElücksspielstrafrecht im Gebiete der preuß. Lotterie-
gemeinschaft (1906); Lion, Die Lotteriestaatsver-
träge des Kgr. Preußen mit 18 deutschen Bundes-
auf die Bekräftigung aufgestellter Behauptungen staaten (1907); Koch, Gesch. des Lotteriewesens in
ankommt, zumal wenn von dem großen Publikum Bayern (1908); Stier-Somlo, Jahrbuch des Ver-
„gewettet“ wird, welches die beteiligten Pferde waltungsrechts II70 f, 425f, 762 f, 1128; 111 533f,
nur ungenügend kennt und an ihnen wie an dem 995, 1006. [Menzinger.]