Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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Binnenfestungen besitzt Großbritannien nicht; die 
Landesverteidigung findet ihren Stützpunkt in den 
Küstenbefestigungen Portsmouth, Plymouth, Cork- 
Oueenstown, Dover, Pembroke, Portland, den 
Themse= und Medwaybefestigungen Sheernefs 
und Chatham; die Themseverteidigung stützt sich 
auf die Batterien bei Gravesend. 
An der Spitze der obersten Marinebehörde, 
des Admiralitätsamtes, steht der Erste Lord der 
Admiralität, dem vier Lord-Kommissare, von 
denen stets zwei Seeleute sein müssen, ein parla- 
mentarischer und ein ständiger Sekretär zur Seile 
stehen. Der Bestand der Flotte hängt nicht von 
der jährlichen Bewilligung des Parlamentes ab, 
nur die für die Bemannung und Vermehrung 
nötigen Geldmittel müssen alljährlich in der Ap- 
propriationsakte bewilligt werden. Der Schiffs- 
bestand der englischen Flotte ist infolge des Flotten- 
gesetzes von 1889 (Naval Defense Act) stark 
gewachsen; streng festgehalten wird am „Zwei- 
Mächte-Standard“, d. h. Großbritannien muß 
10% mehr an Kriegsschiffen ersten Ranges haben 
als die beiden nächststarken Seemächte zusammen. 
Das Marinebudget betrug für 1908/09; 32,3 
Mill. Pf. St. Das Flottenpersonal hatte 1907 
auf 1908 eine Friedensstärke von 126 272 Mann- 
schaften; einschließlich der Marinereserve betrug 
die Gesamtkriegsstärke 1907: 12226 Offiziere 
und 170 047 Mannschaften (ferner 39618 auf 
Werften, in Depots und Hospitälern). Die Er- 
gänzung geschieht ausschließlich durch Werbung; 
die eigentlichen Seeleute sowie die Bureau- und 
Depotbeamten treten gewöhnlich im Alter von 
15 bis 16 Jahren als Schiffsjungen ein und ver- 
pflichten sich mit dem 18. Lebensjahre, die Feuer- 
werker, Mechaniker, Krankenwärter, Heizer usw. 
oft erst mit dem 25. Lebensjahre zu einer 12jäh- 
rigen Dienstzeit. Nach Verlängerung des Kon- 
traktes tritt mit 22jähriger Dienstzeit Pensions- 
berechtigung ein, auch für die Dienstleute, die eine 
solche Dienstzeit erreichen; jeder Pensionsempfänger 
ist im Bedarfsfalle zum Wiedereintritt in die Ma- 
rine verpflichtet. Die Deck-, Steuer-, Artillerie-, 
Signal= und Marinemannschaften sowie die 
Zimmerleute können zu Deck-(Warrant-)Offizieren 
befördert werden. Die Seeoffiziere (Admirale, 
Kapitäne, Leutnants, Unterleutnants und Mid- 
shipmen) ergänzen sich aus Zöglingen (naval 
cadets) der Marineschulen zu Dartmouth und 
Osborne, welche nach einem mit 12½21—13 Jahren 
abgelegten Examen als Kadetten angenommen 
werden. — Die Verteilung der Flotte ist (1908) 
folgende: Heimflotte (Sheerness) 5 Schlacht- 
schiffe, 6 Kreuzer, 5 geschützte Kreuzer, 28 Tor- 
pedoschiffe. Kanalflotte (Portland): 13 Schlacht- 
schiffe, 6 Kreuzer, 3 geschützte Kreuzer, 27 Tor- 
pedoschiffe, 1 Kanonenboot. Atlantische Flotte 
(Gibraltar): 6 Schlachtschiffe, 4 Panzerkreuzer, 
2 geschützte Kreuzer, 1 sonstiges Boot. Mittel- 
ländische Flotte: 6 Schlachtschiffe, 4 Panzer- 
kreuzer, 4 geschützte Kreuzer, 11 Torpedojäger, 
Großbritannien. 
  
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1 Torpedokanonenboot. Mit den in den übrigen 
Weltteilen (Bermudas, China, Australien, In- 
dien usw.) stationierten 42 Schlachtschiffe, 32 
Panzerkreuzer, 13 geschützte Kreuzer I., 32 II., 
12 III. Klasse, 137 Torpedojäger, 8 Auf- 
klärungsschiffe, 12 Torpedokanonenboote, 44 
Unterseeboote, 20 Sloops, Kanonenboote usw., 
insgesamt 347 Fahrzeuge. Die Gesamtfriedens- 
stärke des Marinepersonals beträgt 1908/09: 
9062 Offiziere und Beamte, 118 938 Unter- 
offiziere und Mann, die Gesamtkriegsstärke 12085 
Offiziere und Beamte, 167 548 Unteroffiziere 
und Mann, das Personal der Werften, Depots 
und Hospitäler 44 892 Mann. — Im Mutter- 
lande verfügt das Vereinigte Königreich über vier 
Marinestationen: Sheerness, Portsmouth, Devon- 
port (Plymouth) und Queenstown (in Irland); 
eine neue (Rosyth am Firth of Forth) ist im Bau. 
Außerdem besitzt es zum Schutze seiner Besitzungen 
und seines Welthandels in allen Meeren eine An- 
zahl Flottenstationen, von denen Gibraltar, Malta, 
Hongkong und Halifax die bedeutendsten sind. 
Das englische Wappen zeigt im ersten und 
vierten roten Felde die drei goldenen Leoparden 
Englands, im zweiten goldenen Felde den roten, 
mit einer roten Lilieneinfassung umgebenen, auf- 
recht stehenden Löwen Schottlands, im dritten 
blauen Felde die goldene, mit silbernen Saiten 
bespannte Davidsharfe Irlands. Den Wappen- 
schild, auf dem die königliche Krone mit darüber- 
stehendem goldenem Löwen ruht, umgibt das blaue 
Band des Hosenbandordens; unter dem Schilde 
liegen 2 Zweige, welche die englische rote und 
weiße Rose, die schottische Distel und den irischen 
Klee vereinigen und mit der Devise der Krone: 
Dieu et mon droit umschlungen sind. Schild= 
halter sind rechts ein goldener, gekrönter Löwe, 
links ein silbernes Einhorn mit einer goldenen 
Krone um den Hals. 
Die Unionsflagge zeigt in blauem Feld den 
aus den Kreuzen des St Georg, St Andreas und 
St Patrick (der Landespatrone von England, 
Schottland und Irland) zusammengesetzten Union 
Jack, die Kriegsflagge auf weißem Grunde ein 
rotes Kreuz und im ersten Viertel den Union Jack. 
Die Handelflagge ist rot mit dem Union Jack im 
vorderen Eck; Schiffe, die zeitweilig im Dienste 
der Regierung stehen oder von Offizieren der See- 
reserve befehligt werden, sowie die Kriegs= und 
Dienstschiffe der Kolonien führen blaue Flagge 
mit dem Union Jack im oberen Viertel. 
VIII. Das britische Kolonialreich umfaßt 
ein Fünftel der gesamten Landoberfläche, beinahe 
ein Viertel der ganzen Menschheit und erstreckt 
sich durch alle Zonen (s. Tab. auf Sp. 891). 
Die britischen Kolonien besitzen die Rechte und 
Freiheiten des Mutterlandes im ausgedehntesten 
Maße, ohne ein getreues Abbild desselben zu sein, 
zumal ihnen Staatskirche und Aristokratie fehlen. 
Alle auswärtigen Besitzungen: India, the Colo- 
nies and other British Possessions (ein streng
	        
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