Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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Grundbuchführer). Im übrigen entscheidet über 
die Fähigkeit zum Grundbuchbeamten und über 
die gesamten Dienstverhältnisse derselben das 
Landesrecht. 
Die Grundbuchbehörde ist Grundbuchamt für 
die in dem Amtsbezirke belegenen Grundstücke. 
Demgemäß fällt in Preußen das Grundbuchamt 
mit dem Amtsgericht zusammen, gleichviel ob das 
Amtsgericht mit einem oder mit mehreren Richtern 
besetzt ist und ob bei der Besetzung mit mehreren 
Richtern die Grundbuchsachen einem von ihnen 
übertragen oder allen in territorialen Abschnitten 
zugeteilt sind. Zur Bearbeitung der Grundbuch- 
sachen sind sachlich nur die Grundbuchämter, nicht 
auch andere Behörden zuständig, und von den 
verschiedenen Grundbuchämtern ist örtlich nur 
dasjenige zuständig, in dessen Amtsbezirk das 
Grundstück liegt, in Bezug auf welches eine Tätig- 
keit zu entfalten ist. Die Grundbuchsachen ge- 
hören zu den Angelegenheiten der freiwilligen 
Gerichtsbarkeit; doch sind für das Verfahren vor 
den Grundbuchämtern die Vorschriften des Ge- 
setzes über sie nur anzuwenden, soweit die 
Grundbuchordnung und die zu ihrer Ausführung 
erlassenen Landesgesetze dies zulassen. Die Grund- 
buchbeamten erfüllen ihre Verrichtungen im öffent- 
lichen Interesse, aber sie werden nur ausnahms- 
weise von Amts wegen, regelmäßig ausschließlich 
auf Antrag der Beteiligten und im Rahmen des 
Antrags tätig. Daraus ergibt sich, daß sie ihre 
Zuständigkeit zu einer Amtshandlung selbständig 
zu prüfen haben, und daß eine Vereinbarung der 
Beteiligten über die Zuständigkeit eines Grund- 
buchamtes wirkungslos ist. Das Verfahren ist 
regelmäßig schriftlich; mündlich ist es nur bei der 
Auflassung von Grundstücken, und wenn An- 
träge oder Eintragungsbewilligungen zu Protokoll 
eines Grundbuchbeamten erklärt werden. Das 
Verfahren ist stets ein Urkundenverfahren, sowohl 
die Anträge der Beteiligten wie ihre Begründung 
sind dem Grundbuchamt in urkundlicher Form 
vorzulegen. Der Offizialcharakter des Verfahrens 
verpflichtet die Grundbuchbeamten, den Beteiligten 
ratend und helfend zur Seite zu stehen und in den 
Fällen, in welchen sie von Amts wegen einzugreifen 
haben, auch die zur Feststellung der Tatsachen er- 
forderlichen Ermittlungen von Amts wegen vor- 
zunehmen und die geeignet erscheinenden Beweise 
zu erheben. Die Amtshandlungen sind in den 
Geschäftsräumen vorzunehmen, aber die Vornahme 
außerhalb dieser Räume ist auf ihre Gültigkeit 
ohne Einfluß. Die Verhandlungen vor dem 
Grundbuchamte sind nicht öffentlich. Doch kann 
der Grundbuchrichter die Anwesenheit nicht be- 
teiligter Personen gestatten. 
Die Tätigkeit zwischen Grundbuchrichter und 
Grundbuchführer ist in der Weise geteilt, daß der 
Grundbuchrichter die rechtsgeschäftlichen Erklä- 
rungen und Anträge der Parteien entgegen= und 
zu Protokoll zu nehmen und die in das Grund- 
buch einzutragenden Verfügungen zu entwerfen, 
  
  
Grundbuchamt. 
  
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der Grundbuchführer aber die Verfügungen des 
Grundbuchrichters auszuführen, insbesondere den 
Verfügungen gemäß die Eintragungen in das 
Grundbuch zu bewirken, die Grundbuchakten an- 
zulegen und sie wie die Grundbuchurkunden auf- 
zubewahren hat. 
Ein Grundbuchrichter kann in einer einzelnen 
Sache infolge landesrechtlicher Vorschrift oder 
infolge Ablehnung durch die Beteiligten wegen 
Befangenheit zur Ausübung seines Amtes unfähig 
sein. Erfolgt demungeachtet durch ihn eine Ein- 
tragung in das Grundbuch, so ist sie nicht un- 
wirksam. Gegen die Verfügungen der Grundbuch- 
richter steht den Beteiligten das Recht der Beschwerde 
zu, bei dienstlichen Verzögerungen an die Dienst- 
aussichtsbehörde, bei sachlichen Rechtsverletzungen 
an das Landgericht, gegen dessen Verfügungen 
noch die weitere Beschwerde an das Oberlandes- 
gericht gegeben ist. Gegen eine antragsgemäße 
Eintragung ist eine Beschwerde nicht gegeben, 
weil wegen der Interessen Dritter eine Eintragung 
nicht wieder von Amts wegen gelöscht werden 
darf; der durch den Eintrag Betroffene kann zur 
Wahrung seines Rechts die Eintragung eines 
Widerspruchs verlangen. Will bei einer weiteren 
Beschwerde ein Oberlandesgericht von einer von 
einem andern Oberlandesgericht ergangenen Aus- 
legung des Grundbuchrechts abweichen, so hat es 
die Entscheidung des Reichsgerichts über die 
Rechtsfrage einzuholen. 
Für den Schaden, der einem unmittelbar Be- 
teiligten durch die vorsätzliche oder fahrlässige 
Pflichtverletzung eines Grundbuchbeamten ver- 
ursacht wird, haftet der Staat oder die Gemeinde, 
in deren Dienst der Beamte steht, und zwar ohne 
Rücksicht darauf, ob der Verletzte auf andere Weise 
Ersatz zu erlangen vermag oder nicht. Doch kann 
nach Landesrecht der Staat oder die Gemeinde 
berechtigt sein, von dem Beamten Ersatz zu ver- 
langen, wenn dieser seine Pflicht vorsätzlich oder 
grob fahrlässig verletzt hat. 
Die Tätigkeit der Grundbuchämter erstreckt 
sich auf die Anlegung, Fortführung und Auf- 
bewahrung der Grundbücher. Da in das Grund- 
buch alle Grundstücke des Grundbuchbezirkes 
eingetragen sein sollen, so ist bei der Grundbuch= 
anlage die Aufmerksamkeit des Grundbuchamtes 
zuvörderst auf die Ermittlung und Feststellung 
aller einzelnen Grundstücke seines Bezirkes zu 
richten. Das Hilfsmittel dazu bieten die von den 
Vermessungsbeamten über die einzelnen Grund- 
stücke aufgenommenen Flurkarten und Flurbücher. 
Dabei wird die Zuverlässigkeit des Vermessungs- 
materials und des Flurbuches als so zweifellos 
richtig vorausgesetzt, daß eine Vergleichung des- 
selben mit den örtlichen Verhältnissen durch das 
Grundbuchamt behufs Sicherstellung der Identität 
der in das Grundbuch einzutragenden Grundstücke 
mit den auf der Erdoberfläche ausgemessenen nicht 
verlangt wird. — Bezüglich aller in das Grund- 
buch einzutragenden Grundstücke wird alsdann
	        
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