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vitut, Hingabe zu Lehen usw.] Zur Gültigkeit ward
in der älteren Zeit bald die Zustimmung des
Metropoliten bald die von zwei oder drei Kom-
provinzialbischöfen verlangt. An die Stelle der
Metropoliten oder Primaten trat gemäß der von
Gregor X. auf dem zweiten Lyoner Konzil im
Jahre 1274 erlassenen Konstitution (cap. 2. De
rebus ecclesiae non alienandis in VIte III,
9) der Apostolische Stuhl. Paul II. schärfte in der
Extravagante Ambitiosae vom 1. März 1468
(cap. unic. De rebus ecclesiae non alienandis
Extr. comm. III, 4) diese Verordnung von neuem
ein, indem er die einzelnen Arten der verbotenen
Veräußerung genauer bestimmte, ungesetzliche aus-
drücklich für ungültig erklärte und die Zuwider-
handelnden mit strengen kirchlichen Strafen be-
legte. Im wesentlichen besteht diese Konstitution
Pauls II. auch gegenwärtig noch in Kraft, wenn-
gleicheinigeihrer Strafbestimmungen keine Geltung
mehr haben, ja die Konstitution selbst in manchen
Ländern überhaupt nicht in Ubung gekommen ist.
Die Exkommunikation aber, welche Paul II. ver-
hängte sowohl über die Verwalter des Kirchen-
gutes, die gegen die kirchlichen Vorschriften das-
selbe veräußern, als auch gegen diejenigen, welche
derartig veräußertes Gut annehmen, wurde von
Pius IX. in der die ganze Kirche verpflichtenden
Bulle Apostolicae Sedis moderationi vom
Jahre 1869 neuerdings festgesetzt.
Mithin wird nach dem jetzt geltenden Kirchen-
rechte zur erlaubten und gültigen Veräußerung
verlangt: a) ein hinreichender Grund, die Ver-
äußerung vorzunehmen, worüber der zuständige
Obere eine genaue Untersuchung einzuleiten hat;
b) die Vernehmung der bei der Veräußerung recht-
lich interessierten Personen (Kapitel, Konvent,
Pfarrer, Patron); c) die Erlaubnis des Dibzesan-
bischofs, welcher wiederum unter Umständen die
Zustimmung seines Domkapitels einholen muß;
4) die Einwilligung des Apostolischen Stuhles.
Doch gibt es Ausnahmefälle, für welche die Ein-
holung der päpstlichen Erlaubnis nicht gefordert
wird, in denen vielmehr der Diözesanobere und
mit seiner allgemein oder im Einzelfalle gegebenen
Bevollmächtigung auch die untergeordneten Ver-
waltungsorgane eine Veräußerung vornehmen kön-
nen, wenn ein hinreichender Grund zu derselben
vorliegt. So kann der Bischof veräußern: a) be-
wegliches Gut von minderem Werte (mobilia non
pretiosa); b) jenes bewegliche Vermögen, auch
von bedeutendem Werte, das infolge längerer Auf-
bewahrung Schaden leidet, vor allem verbrauch-
bare Sachen;c) jene Liegenschaften, welche infolge
von Unfruchtbarkeit oder schwieriger Bewirtschaf-
tung eher Nachteile als Nutzen bringen; d) end-
lich genügt, wenigstens nach einer gut begründeten
Meinung der Kirchenrechtslehrer, die Erlaubnis
des Diözesanoberen zu jener Veräußerung, durch
welche das Kirchengut nicht laisiert wird, sondern
lediglich von einem kirchlichen Institut an ein
anderes übergeht.
Hand,
tote. 1018
Die Gründe, welche die Kirche von jeher zu
einer solchen Erschwerung der Veräußerung ver-
anlaßten, liegen auf der Hand. a) Wie die Kirche
selbst, so dauern auch die einzelnen kirchlichen
Korporationen und Institute fort. Sie werden
im allgemeinen nur dann ins Leben gerufen,
wenn ein Bedürfnis, und zwar in der Regel
nicht ein bloß vorübergehendes, vorliegt. Sie alle
können der zeitlichen Mittel, um ihren Zweck zu
erreichen, nicht entbehren. So macht die Fort-
dauer ihrer Existenz und ihres Zweckes die Be-
ständigkeit ihres Besitzes notwendig. Dazu kommt
b) der Umstand, daß der Kirche die meisten Er-
werbsquellen, welche dem mit Talent und Fleiß
arbeitenden Laien das reichste Auskommen sichern,
verschlossen sind. Die Natur der Sache bringt es
mit sich, daß die Verwaltung des Kirchenvermögens
in den Händen kirchlicher Personen ruht. Nun
hat die Kirche von jeher ihren Klerikern aus höheren
Gründen die Führung von Handels= und ssehr vielen
Industriegeschäften, sie mögen solche in eigenem
oder in fremdem Interesse betreiben, und damit
die ergiebigsten Erwerbsquellen untersagt. Andere
an sich nicht verbotene Beschäftigungen werden
ihnen durch ihre eigene Lage unmöglich gemacht.
So ist die Kirche in Bezug auf die Erwerbung
von Vermögen fast ausschließlich auf Schenkungen,
Vermächtnisse usw. angewiesen. Da diese sehr un-
gewiß sind, so muß sie selbstverständlich um so
mehr darauf bedacht sein, das einmal Erworbene
vor Verlust und somit vor leichtfertiger Veräuße-
rung zu bewahren. Endlich ist noch zu erwähnen,
JP) daß das Kirchenvermögen wesentlich Vermögen
einer juristischen Person ist, demnach nicht von
seinem Eigentümer, ja vielfach auch nicht von
seinem augenblicklichen Nutznießer, sondern ledig-
lich von dazu bestellten Administratoren verwaltet
wird. Ja nach der gegenwärtigen Praxis, welche
bereits im G. und 7. Jahrh. sich zu entwickeln be-
gann, liegt die Verwaltung des Kirchengutes in
den Händen unzählig vieler, da jedes einzelne
kirchliche Institut seine getrennte Verwaltung hat,
allerdings immer unter der Oberaufsicht des Bi-
schofs. Was ist bei einer solchen Menge von un-
möglich immer gleich klugen und gleich gewissen-
haften Organen natürlicher und notwendiger als
eine strenge Gesetzgebung, um das Kirchengut vor
unklugen und leichtfertigen Verlusten zu bewahren?
Aus ähnlichen Gründen machen auch weltliche
Korporationen und Gesellschaften die Veräußerung
ihrer Güter von mancherlei erschwerenden Bedin-
gungen abhängig.
2. Tote Hand und Gemeinwyhl. Ob-
schon nun das kirchliche Vermögen nicht in jedem
Maße dem wirtschaftlichen Verkehr überlassen ist
wie das Vermögen der Einzelpersonen, so ist es
damit doch nicht im mindesten dem allgemeinen
(auch materiellen) Wohle entzogen; wenig-
stens sehr oft dient es demselben bei weitem mehr,
als wenn es dem freien Verkehr überlassen bliebe.
a) Das kirchliche Vermögen trägt weder die Be-