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werkerstatistik, im Jahrbuch für Gesetzgeb. u. Ver-
waltung XXI; W. Kulemann, Das Kleingewerbe
(1895); Grandke, Zusammenfassende Darstellung
der vom Verein für Sozialpolitik veranstalteten
Untersuchungen, im Jahrbuch für Gesetzgebung u.
Verwaltung XXI; F. Steinberg, Die Handwer-
kerbewegung (1897); V. Böhmert, Freiheit der
Arbeit (1858); K. Braun, Für Gewerbefreiheit u.
Freizügigkeit (1860); Th. Hampke, Der Befähi-
gungsnachweis (1882); J. Keller, Das deutsche H.
(1878); Bobertag, Die Handwerkerfrage im Jahre
1886 (Bernstadt i. Schl. 1880; enthält die Dar-
stellung der Handwerkerbewegung der letzten Jahr-
zehnte); M. Mendelsohn, Die Stellung des H.3 usw.
(1899); S. Mayer, Die Aufhebung des Befähi-
gungsnachweises (1894); G. Salomonsohn, Der
gesetzl. Schutz der Baugläubiger (19;00); Dannen-
berg, Das deutsche H. (1872); E. Jäger, Die Hand-
werkerfrage (1887); F. Droste, Die Handwerker-
frage (1884); H. Böttcher, Das Programm der
Handwerker (1893); ders., Für das H. (1894);
ders., Gesch. u. Kritik des neuen Handwerkergesetzes
(1898); G. Adler, über die Epochen der deutschen
Handwerkerpolitik (1903); F. C. Huber, Zur
Handwerkerfrage (1896); Kleinwächter, Zur Re-
form der H sverfassung (1875); H. Waentig, Ge-
werbl. Mittelstandspolitik (1898); H. Röhl, Bei-
träge z. preuß. Handwerkerpolitik (1900); Schnelle,
in Staats= u. sozialwissenschaftl. Forschungen XVII;
R. Beyendorff, Gesch. der Reichsgewerbeordnung
(1901); K. Th. Reinhard, Der Weg des Geistes
in den Gewerben (1901); v. Loesch, Die Kölner
Zunfturkunden usw. bis 1500 (1907); Erhebung
über die Wirkung des Handwerkergesetzes, bearbeitet
vom Kaiserl. Statist. Amt in Berlin (1908); J.
Wernicke, Der Mittelstand u. seine wirtschaftl.
Lage (1909). IA. Grunenberg.)
Handwerkskammer. Begriff, Auf-
gabe. Handwerkskammern sind Zwangsorganisa-
tionen mit öffentlich-rechtlichem und behördenarti-
gem Charakter zur Vertretung der Interessen des
Handwerks unter eigener, d. h. Selbstverwaltung
(5 1083 der Gewerbeordnung). Die allgemeine
Aufgabe der Handwerkskammer ist eine doppelte,
nach außen: Vertretung der Gesamtinteressen des
Handwerks und der Interessen der in ihrem Be-
zirke vorhandenen Handwerke gegenüber der Ge-
setzgebung und Verwaltung des Staates; nach
innen: Ausbau der zur Reglung der Verhältnisse
im Handwerke erlassenen Bestimmungen, Durch-
führung dieser und der gesetzlichen Vorschriften
und Einrichtungen von solchen Veranstaltungen
zur Förderung des Handwerks, zu deren Be-
gründung die Kräfte der lokalen Organisation
nicht ausreichen („Motive“" S. 49). — Die
speziellen Aufgaben der Handwerkskammer
sind: Reglung des Lehrlingswesens, Uberwachung
und Durchführung der hierüber erlassenen Vor-
schriften, Unterstützung der Behörden in der För-
derung der Verhältnisse des Handwerks durch
Abgabe von Gutachten, Beratung und Über-
mittlung von Wünschen und Anträgen des Stan-
des, Berichterstattung über die gesamten Verhält-
nisse im Handwerke, Bildung von Prüfungs-
ausschüssen zur Abnahme der Gesellen= und
Handwerkskammer.
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Meisterprüfungen und Pflege des Genossenschafts-
wesens und Fachschulwesens. Überhaupt soll sie
alle solche Veranstaltungen treffen, welche die ge-
werbliche, technische und sittliche Ausbildung der
Meister, Gesellen und Lehrlinge gewährleisten
(6 103e der Gewerbeordnung).
2. Organismus. Die Errichtung der
Handwerkskammer erfolgt durch die Landeszentral-
behörde für größere Verwaltungsbezirke, in der
Regel für den Umfang eines Regierungsbezirkes.
Die Zusammensetzung der Handwerkskammer ge-
schieht durch Wahlen von sechs zu sechs Jahren,
welche seitens der Handwerkerinnungen und der-
jenigen Gewerbevereine vorgenommen werden, die
die Förderung der gewerblichen Interessen des
Handwerks verfolgen und mindestens zur Hälfte
aus Handwerkern bestehen. Die aus den Wahlen
hervorgegangenen Abgeordneten bilden die Ge-
samtvertretung der Handwerkskammer; sie wählen
aus ihrer Mitte einen Vorstand, dem die geschäft-
liche Leitung der Kammer unter einem Vorsitzenden
obliegt. Neben den Meisterabgeordneten ist ein
Gesellenausschuß eingesetzt, der an allen
denjenigen Beratungen der Handwerkskammer
teilzunehmen hat, die das Interesse der Gesellen
betreffen. Er geht aus den Wahlen der bei den
Innungen gebildeten Gesellenausschüsse hervor.
Zur Erfüllung der einzelnen Aufgaben der Hand-
werkskammer werden Ausschüsse gewählt. Die
sämtlichen Amter mit Ausnahme der geschäfts-
führenden Beamten sind Ehrenämter. Die Auf-
sichtsbehörden der Handwerkskammern sind die
höheren Verwaltungsbehörden (in Preußen die
Regierungspräsidenten), welche die Uberwachung
der Handwerkskammer durcheinen Staatskommissar
wahrzunehmen haben. — Die unteren Verwal-
tungsbehörden sowie die Innungen haben die
Pflicht, die Handwerkskammer bei der Erfüllung
ihrer Aufgaben zu unterstützen. — Die Träger
der aus der Organisation erwachsenden Kosten
sind die politischen Gemeinden. Diese können
jedoch die auf sie seitens der Handwerkskammer
ausgelegten Beiträge auf die einzelnen Handwerks-
meister wieder ausschlagen, was auch in der Regel
geschieht (Näheres s. Deutsches Handwerkerblatt
Heft 10, S. 200/202).
3. Kritik des Handwerkergesetzes. Das
Gesetz vom 20. Juli 1897 beruht auf den beiden
Prinzipien: Einschränkung der absoluten Gewerbe-
freiheit und Einführung des Zwanges in die Or-
ganisation des Handwerks. Es ist lediglich ein
Kompromißgesetz und war gleich nach Erlaß
schon reparaturbedürftig, weil es beide Gedanken
nicht konsequent durchgeführt hat. Tatsächlich hat
es inzwischen auch durch zwei Gesetze schon Er-
gänzungen erfahren, so zunächst durch das Gesetz
vom 7. Jan. 1907, durch das ein gewisser Be-
fähigungsaufweis für das Baugewerbe
vorgeschrieben wurde, ferner durch dasjenige vom
30. Mai 1908, das den sog. „kleinen Be-
fähigungsnachweis“ einführt, wonach nur