Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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lediglich dem Kontingentsherrn und dem Land- 
tag verantwortlich. Letzteres gilt namentlich auch 
von den Kriegsministern. Behufs Erhaltung der 
Einheit in der Verwaltung aller Truppenteile 
des deutschen Heeres werden die für die preu- 
ßische Armee ergehenden Verwaltungsvorschriften 
durch den Bundesratsausschuß für das Land- 
heer und die Festungen den Kontingentsverwal- 
tungen „zur Nachachtung in geeigneter Weise mit- 
geteilt“ (Reichsverf. Art. 63, Abs. 5); für Würt- 
temberg ist ein direkter Schriftwechsel zwischen 
dem preußischen und dem württembergischen 
Kriegsministerium vereinbart (Militärkonvention 
Art. 15). Anderseits sind sämtliche Militärbe- 
amten verpflichtet, den Anordnungen des Kaisers 
Folge zu leisten, ausgenommen die bayrischen 
Militärbeamten (vgl. Mitteilung des Reichs- 
kanzlers im Reichstag vom 4. Juni 1872. Steno- 
graph. Ber. der Reichstagssession 1872 III, 615). 
Auch unterliegt die Heeresverwaltung, wie über- 
haupt das Militärwesen, der Beaussichtigung des 
Reiches, welche durch den Reichskanzler aus- 
geübt wird (Reichsverf. Art. 4, Nr. 14). Wenn 
in den Militärkonventionen von den Militär- 
bildungsanstalten, Examinationskommissionen, 
militärwissenschaftlichen und technischen Instituten, 
Lehrbataillonen, der Militär= und Artillerieschieß- 
schule, Militärreitschule, Zentralturnanstalt und 
dem Großen Generalstab als „gemeinschaftlichen 
Einrichtungen des Gesamtheeres“ gesprochen und 
eine verhältnismäßige Beteiligung an diesen Ein- 
richtungen zugesichert wird, so handelt es sich 
hier staatsrechtlich um lauter Einrichtungen der 
preußischen Kontingentsverwaltung, nicht um 
Reichsinstitute. Ebensowenig wird das preußische 
Kriegsministerium dadurch zu einem Reichskriegs- 
ministerium, daß es in manchen Fragen die 
gemeinsamen Interessen der bewaffneten Macht 
mit Ausnahme Bayerns zu vertreten hat, z. B. 
nach der Militärtransportordnung für Eisenbah- 
nen vom 18. Jan. 1899 § 3. Wohl aber ist ein 
Stück Reichsmilitärverwaltung durch Errichtung 
des Reichsmilitärgerichts erwachsen: die 
Militärjustizuerwaltung hinsichtlich des Reichs- 
militärgerichts und der bei dem Reichsmilitär- 
gericht eingerichteten Militäranwaltschaft steht dem 
Reiche zu und wird durch den vom Kaiser er- 
nannten Präsidenten des Reichsmilitärgerichts 
ausgeübt (Militärstrafgerichtsordnung §§ 111,74). 
1. Die oberste Leitung der gesamten Verwal- 
tung der Kontingente ist den Kriegsministerien 
übertragen. Eine eigentümliche Einrichtung des 
preußischen Kontingents ist das Militär- 
kabinett, welches unabhängig vom Kriegsmini- 
sterium die Personalsachen der Offiziere und die 
Gnadensachen zu bearbeiten hat. Der bedeutende 
Einfluß dieser „unverantwortlichen“ Behörde hat 
schon zu vielen Unzuträglichkeiten und Reibungen 
geführt; Freiherr v. Stein sah sich im April 
1806 zu einer Beschwerde gegen das Militär- 
kabinett veranlaßt, und in den 1850er Jahren 
Heerwesen. 
  
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ließen die Minister das Treiben des Militär- 
kabinetts durch förmliche Spione überwachen. 
Neuerdings ist im Reichstag wiederholt der Wunsch 
nach Anderung dieser Verhältnisse von mehreren 
Parteien ausgesprochen worden, jedoch ohne Erfolg. 
2. Der Generalstab der Armee dient zur 
Unterstützung der Oberbefehlshaber in allen Fragen 
der Taktik und Strategie, zur Ordnung der 
Mobilmachung und der Dislokationen. Unter 
der Leitung des Chefs des Großen Generalstabes 
werden jährlich Ubungsreisen behufs Ausbildung 
von Truppenführern unternommen. Der Ge- 
neralstab ist zugleich das höchste militärwissen- 
schaftliche Institut, von welchem die Kriegs- 
akademie ressortiert. 
3. Für die eigentliche wirtschaftliche Verwal- 
tung sorgt die Intendantur. An der Spitze 
der Intendantur des Armeekorps steht der Korps- 
intendant, welchem die Divisionsintendanturen 
und die örtlichen Garnisonverwaltungen unter- 
stellt find. Unter Leitung und Kontrolle der 
höheren Militärbefehlshaber und der Intendan- 
turen haben die Regimenter und selbständigen 
Bataillone Selbstbewirtschaftung für die Geld- 
verpflegung, Naturalverpflegung und Menage, 
Bekleidung und Montierung, eine Einrichtung, 
die sich namentlich auch in Rücksicht auf Spar- 
samkeit gut bewährt. Im Falle der Mobil- 
machung tritt neben die Intendantur des Friedens- 
standes die Feldintendantur: ein Armeeintendant 
an der Spitze der mobilen Armee, ein Feldinten- 
dant für jedes mobile Armeekorps und unter den- 
selben die Feldintendanturen der Divisionen, die 
Feldproviantämter und die Kriegskasse. 
4. Das Militärsanitätswesen ist im 
Anschluß an die Einteilung des Heeres geordnet; 
jeder Truppenteil ist mit militärärztlichem Per- 
sonal versehen. Für jedes Armeekorps wird ein 
Generalarzt, bei jeder Division ein Divisionsarzt 
und für größere Garnisonen ein Garnisonsarzt 
angestellt, welche bei dem Generalkommando, dem 
Divisionskommando und dem Gouverneur als 
Referenten in Sanitätssachen fungieren. Den 
ärztlichen Dienst bei den Regimentern, Batail- 
lonen und Militärinstituten leisten die Oberstabs- 
ärzte und Stabsärzte, erforderlichenfalls auch die 
Garnisonsärzte; ihnen sind Assistenzärzte und für 
die niederen chirurgischen Verrichtungen Lazarett- 
gehilfen beigegeben. Dieses gesamte Personal ist 
als „Sanitätskorps“ organisiert (Verordnung 
vom 6. Febr. 1873). Die im Offiziersrang stehen- 
den Militärärzte bilden das Sanitätsoffizier- 
korps; zur Ernennung als Sanitätsoffizier ge- 
hört nicht nur der Nachweis der Befähigung, 
ondern auch eine Wahl durch militärische Be- 
rufsgenossen. In allen Garnisonen, welche dau- 
ernd mit Truppen in der Etatsstärke von min- 
destens 600 Mann belegt sind, werden Friedens- 
lazarette eingerichtet; dieselben sind einem Chef- 
arzt unterstellt, dem das gesamte für den Dienst 
des Lazaretts bestimmte militärische, ärztliche 
—.
	        
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