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und zur Hebung des Staatskredits beitragen
könnten! Die Monarchie und insbesondere die
Erbmonarchie wird einerseits als der feste, ge-
diegene Kern in der vollendeten Organisation des
Staates hingestellt und in ihrer vollen Bedeutung
gewürdigt; anderseits aber heißt es dann doch
wieder, daß es „bei vollendeter Organisation des
Staates nur um die Spitze formellen Entscheidens
zu tun sei“ usw.
Das äußere Staatsrecht endet nicht, wie man
erwarten könnte. in einem alle Einzelstaaten auf-
zehrenden allgemeinen Völkerstaate, ja nicht einmal
in einem allgemeinen Völkerbunde zum Zwecke
des „ewigen Friedens“ nach dem Ideale Kants,
sondern in der alle Einzelstaaten gebärenden und
verzehrenden Völkergeschichte. Das Ende des
Rechts wie dessen Anfang ist also — die Macht
des dialektischen Prozesses.
Literatur. H., Werke (18 Bde, 1832/40 (Philos.
des Rechts, Philos. der Gesch., Religionsphilos. u.
Gesch, der Philosophie erschienen 1840 in teilweise
veränderter Bearbeitung in 2. Aufl.; hier ist, mit
Ausnahme der Philos. des Rechts, nach den Seiten
der 1. Aufl. zitiert), dazu Bd XIX [Briefel, 1887);
Kritik der Verf. Deutschlands von G. F. W. Hegel.
Aus dem handschriftl. Nachlasse des Verfassers hrsg.
von G. Mollat (1893); System der Sittlichkeit.
Aus dem handschriftl. Nachlasse des Verfassers hrsg.
von G. Mollat (1893); Erläuternde Neuausgaben
der „Phänomenologie" von Bolland (1907) u. G.
Lasson (1907), der „Enzyklopädie“ (1906), der
Vorlesungen über Philosophie der Religion (1901)
u. derjenigen über Philosophie der Geschichte (1908)
von Bolland. — Rosenkranz, H.3 Leben (1844);
K. M. Kahle, H. sche Rechtsphilosophie (1845); Fr.
Jul. Stahl, Die Philosophie des Rechts nach ge-
schichtl. Ansicht 1 (31856) 414/521; Imm. Herm.
Fichte, System der Ethik I (1850/51), Nr 87/109;
I. E. Erdmann, Versuch einer wissenschaftlichen
Darstellung der Gesch. der neueren Philosophie III,
2. TI (1834/53), S. 797/812 (vgl. auch dessen Art.
„Hegel“ in der „Allgem. Dtsch. Biographie“ Xl)
R. Haym, H. u. seine Zeit (1857) 357/391; J.
K. Bluntschli, Gesch, der neueren Staatswissen-
schaft, allgemeines Staatsrecht u. Politik (81881)
602/621; K. Köstlin, H. in philosophischer, poli-
tischer u. nationaler Beziehung (1870); E. Caird,
H., in Philosophical classics (1883); Kuno Fi-
scher, H.s Leben, Werke u. Lehre (Gesch. der neueren
Philos. VIII, TI 1/2 (1901)). — Für H.s Werde-
zeit wichtig ist der schon von Rosenkranz u. Haym
(u. Mollat) benutzte handschriftliche Nachlaß, der,
soweit erhalten, sich jetzt in der Königl. Bibliothek
zu Berlin befindet (anderes war in San Francisco
u. scheint bei Gelegenheit des Erdbebens verloren
gegangen zu sein). Auf Grund desselben: W. Dil-
they, Die Jugendgeschichte H.s (Abhandlungen der
Berliner Akademie der Wissenschaften 1905); fer-
ner: G. W. F. Hegel, Das Leben Jesu, hrsg. von
P. Roques (1906); H.s theolog. Jugendschriften
hrsg. von H. Nohl (1907).
LAl. Schmid, rev. Cl. Baeumker.)]
Heilsarmee. Unter „Heilsarmee“ versteht
man die von dem Engländer William Booth für
die Zwecke religiöser Erweckungsarbeit und sozialer
Heilsarmee.
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Fürsorgetätigkeitgegründete Religionsgemeinschaft.
Der Gründer hat den Begriff der Institution in
folgende Worte gekleidet: „Die Heilsarmee ist eine
Streitmacht von Männern und Frauen, die in
Liebe zu Gott und den Menschen eins geworden
sind, der ganzen Welt sein Heil zu verkünden“,
und als Antwort auf die Frage nach dem Grunde
der gewählten Benennung gibt er an: „weil die
Heilsarmee nach demselben Muster geordnet ist
und regiert wird wie die großen stehenden Heere
eines irdischen Reiches, jedoch mit dem Unter-
schiede, daß ihr Zweck und Ziel ist, Männer und
Frauen zu Gott zu führen“. Die Heilsarmee
will nicht als eigene Religionsgesellschaft betrachtet
werden, sondern bestimmt als ihre Aufgabe, die
heruntergekommenen Menschen aufzurütteln aus
dem Sündenschlafe und zu lebendigen Gliedern
der Religionsbekenntnisse zu machen, denen die
Betreffenden angehören. Richtig ist aber zweifel-
los die Reichsgerichtsentscheidung vom 5. Okt.
1900, welche die Heilsarmee als besondere Reli-
gionsgesellschaft betrachtet, und zwar mit Rücksicht
auf die Eigenart der von der Heilsarmee aus-
gebildeten Formen religiöser Veranstaltungen.
Mar verwirft alle Sakramente, hat aber an Stelle
der Taufe und Eheschließung eigenartige Ein-
richtungen mit eigenem Sinne eingeführt.
William Booth und seine Frau müssen zweifel-
los sich in die Verdienste um die Entwicklung der
Heilsarmee teilen. Beide sind geboren im Jahre
1829 und traten in jugendlichem Alter zum Me-
thodismus über, trennten sich aber von demselben,
als man ihnen bezüglich der Lehrverkündigung
Schwierigkeiten machte. Im Jahre 1865 kamen
sie nach London und erregten durch ihre Predigten
großes Aufsehen. Frau Booth wandte ihre Auf-
merksamkeit der Gewinnung der vornehmen Kreise,
Booth selbst den Arbeitermassen zu. Die Gesamt-
heit dieser Arbeiten nannte man The East London
Christian Mission. Das nach dem Austritt aus
der Methodistengemeinschaft gewählte Verfahren,
religiöse Versammlungen in profanen Gebäuden
und unter offenem Himmel abzuhalten und zu
diesen Versammlungen durch möglichst auffallende
Reklame in geschäftsmäßiger Form einzuladen,
behielt man auch später bei. Im Jahre 1868
wurde ein fester Mittelpunkt der Bewegung in
Whitechapel geschaffen: das erste Hauptauartier,
und man begann mit der Herausgabe einer
eigenen Zeitung East London Evangelist.
Das Blatt erhielt 1869 den Namen Cbristian
Mission Magazine, 1879 den Namen Salva-
tionist und 1880 die Bezeichnung War Cry
— Kriegsruf, die dasselbe heute noch trägt. Booth
und seine Frau dehnten ihre Predigertätigkeit
immer weiter aus und nannten diese Missions-
tätigkeit vom Jahre 1870 ab ganz allgemein Chri-
stian Mission. Diese Bezeichnung wurde erst
vom Jahre 1877 ab allmählich durch den Namen
„Heilsarmee“ ersetzt. Booth hatte sich immer mehr
im Laufe der Jahre zu dem Gedanken durch-