Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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bekanntesten sind Kampo (Reichsanzeiger), Nitschi- 
Nitschi Schimbun (offiziös), Schi-Schi-Simpo, 
Osaka Asahi Schimbun; Nippon und Kjoka Nippo. 
V. Wirtschaftliche Verhälfnisse. Haupt- 
beschäftigung der Japaner ist der Ackerbau, dem 
sich wie in China der größte Teil der Bevölkerung (an 
60 %) widmet. Oberster Herr des ganzen Landes 
und einziger Großgrundbesitzer ist nach altjapani- 
scher Anschauung der Mikado; in Wirklichkeit ge- 
hörten dagegen früher die ausgedehnten Waldungen 
der Berge nebst dem Wüst= und Odlande den 
großen Feudalherren, an deren Stelle jetzt der Staat 
getreten ist, während der Bauer Erbpächter des 
kultivierten Bodens war und ist. Er ist Klein- 
grundbesitzer, der sein Eigentum vererben, ver- 
pachten, vergrößern oder auch verkaufen kann; 
alle früheren Beschränkungen, auch der Benutzung, 
sind seit 1868/72 abgeschafft. Einen eigentlichen 
Großgrundbesitz gibt es in Japan nicht, weder 
für den Bauern noch für den Adel, dem seit 1886 
das Recht, Familienfideikommisse zu errichten, ver- 
liehen ist. Aber selbst die mittleren Betriebe in 
europäischem Sinne fehlen fast ganz, obwohl seit 
1897 eine Zusammenlegung kleiner Grundstücke 
(nach dem Muster der deutschen Verkoppelung) zu 
größeren Betriebseinheiten ermöglicht ist. Es gibt 
nur ganz kleine Wirtschaften, die der Bauer ohne 
Gesinde, fast ohne Vieh, allein mit seiner Familie 
betreibt, deren Glieder dabei trotz einer großen 
Menge Arbeit, die sie auf die Bebauung verwen- 
den, noch Zeit zur Verfügung haben zur weiteren 
Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte und 
zu Nebengewerben aller Art. Im allgemeinen ist 
der japanische Bauernstand wenig wohlhabend und 
ziemlich stark verschuldet; der Bauer sinkt immer 
mehr zum Pächter herab, und der Grundbesitz geht 
in die Hände städtischer Kapitalisten oder Kaufleute 
über. Etwa ¾ des Kulturlandes sind im Besitz 
von bäuerlichen Eigentümern, der Rest wird von 
Pächtern bewirtschaftet. Geldpacht ist selten; statt 
ihrer herrscht Teil-oder Halbpacht. Der Bauer gibt 
dem Besitzer einen Teil des Ertrages in natura 
ab, und zwar oft einen sehr großen und wertvollen 
Teil, nicht selten z. B. den ganzen Reisertrag, 
wogegen er die übrigen Produkte behält. 
Daß nur ein verhältnismäßig kleiner Teil des 
Bodens (15 /) in unmittelbarer landwirtschaft- 
licher Benutzung steht, hängt zusammen mit dem 
vorherrschenden Gebirgscharakter Japans und der 
eigenartigen Betriebsweise seiner Landwirtschaft, 
die durch ihre vorwiegende Reiskultur namentlich 
auf die Ebenen und Talsohlen angewiesen ist; 
freilich ist noch viel kultivierbarer Boden vorhan- 
den. Der Feldbau ist sehr intensiv und dem ratio- 
nellen Garten- und Gemüsebau in der Nähe unserer 
großen Städte vergleichbar; zugute kommen ihm 
die Verteilung des Ackerlandes unter viele Bebauer, 
reiche Bewässerung durch Niederschläge und Ka- 
näle und zahlreiche Arbeitskräfte in Verbindung 
mit großer Arbeitsamkeit und vielem Geschick, 
das auch die kleinsten zur Bebauung geeigneten 
Staatslegikon. U. 3. Aufl. 
  
Japan. 
  
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Erdflecke zu benutzen weiß. Auch die Regie- 
rung hat durch Förderung der landwirtschaftlichen 
Wissenschaften, Anlegung von Versuchs= und 
Musterwirtschaften, landwirtschaftlichen Schulen, 
Abhalten von Vorträgen u. dgl. viel zur Hebung 
des Ackerbaues beigetragen. Namentlich auf der 
Insel Jesso hat die Verwaltung eine zielbewußte, 
mit großen Mitteln beförderte innere Kolonisation 
ins Werk gesetzt, so daß die Bevölkerung der Insel 
von 58 467 (im Jahre 1869) auf über 1 Mill. 
Köpfe gestiegen ist. 
Das Land weist eine üppige Pflanzenwelt, eine 
großartige Blumenpracht auf. Laubwald und 
Nadelholz sind sehr gut vertreten; weltberühmt 
sind die Kiefernalleen am Tokaido, der alten 
Straße von Tokio nach Kioto. In Nippon wer- 
den viele Obstsorten gepflanzt (Kastanien, Man- 
deln, Melonen, Kirschen, Kaktusfeigen, Kürbisse 
und Weintrauben); in besondern Ehren steht der 
Pflaumenbaum. Weizen, Gerste, Mais, Mohn, 
Bohnen, Erbsen, Hirse, Buchweizen, Kartoffeln, 
Olgewächse, Zuckerrohr, Farbpflanzen, Hanf und 
Baumwolle werden angebaut; die wichtigsten 
Kulturpflanzen aber sind Tabak (Tabaksblätter- 
verkauf ist seit 1898 Regierungsmonopol), Tee 
und in erster Linie Reis, der mit Hülsenfrüchten, 
Fischen und Eiern in der Ernährung des Japaners 
die Hauptrolle spielt; seine Ernte beeinflußt Ja- 
pans Wohlstand in viel höherem Grade als die 
Weizenernte den Markt Westeuropas. Die Ernte- 
mengen betrugen 1907: 49,1 Mill. Koku Reis, 
1906: 3,96 Weizen, 9,45 Gerste, 6,96 Roggen, 
26, 5 Mill. kg Tee, 523 900 t Zuckerrohr (1905). 
Ein sehr großer Teil des japanischen Bodens 
(fast 3/8) ist mit Wald bestanden, teils mit Berg- 
wäldern, die ohne Pflege der Menschenhand ent- 
standen sind, teils mit wirklichen Kulturforsten. 
Die Bergwälder sind meistens sehr vernachlässigt, 
vielfach verwüstet und der wertvollsten Bäume be- 
raubt, so daß nicht selten fast nur eine öde Gras- 
fläche zurückblieb. Seit etwa 20 Jahren ist eine 
rationelle Aufforstung in Angriff genommen. 
Japan ermangelt im Unterschiede von der euro- 
päischen Landwirtschaft einer reichen Viehhal- 
tung; Pferde (1905: 1,37 Mill.) und Rindvieh 
(1.17 Mill.) dienten bisher hauptsächlich als Last- 
tiere, weniger als Zugtiere oder zur Milch= und 
Fleischproduktion, da infolge religiöser Anschau- 
ungen die vegetarische Nahrungsweise vorherrscht. 
Schweine, Schafe, Ziegen usw. gibt es nur wenige, 
dagegen viele Hühner. Die Rindviehzucht hat in 
den letzten Jahren immerhin zugenommen, noch 
mehr die Pferdezucht (wegen der militärischen 
Interessen). Die größte Aufmerksamkeit wird der 
Seidenraupe gewidmet, da die Seidenkultur seit 
Jahrhunderten ein Gegenstand von höchster natio- 
naler Bedeutung ist (Erzeugung 1907: 87,32 
Mill. engl. Pfund Kokons, 9,77 Mill. kg Roh- 
seide). 
Die Jagd darf in Japan jedermann, der sich 
einen Jagdschein löst, üben; ausgenommen ist die 
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