Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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Grund und Boden, auf dem die öffentlichen 
Tempel standen, blieb frei, die bedeutenden Tempel- 
güter dagegen wurden eingezogen. Bei Urbar- 
machungen wird eine Rodefrist, während welcher 
nur die frühere Steuer gezahlt wird, bis zu 30 
und 50 Jahren gewährt; bei Verwüstungen von 
Grundstücken durch Naturereignisse kann die 
Steuer bis zu 15 Jahren ganz nachgelassen 
werden. Die Zahlungen werden in Geld an die 
Gemeinden geleistet, welche sie auf ihre Kosten 
und Gefahr an die Staatskasse abführen. Die 
Steuerreform hat im wesentlichen nur Altjapan be- 
troffen; die übrigen Landesteile wurden nur wenig 
von ihr berührt, hauptsächlich insofern, als sie jetzt 
in Geld zu entrichten ist. Im Budget 1908/09 
ist ihr Ertrag mit 85,7 Mill. Jen veranschlagt. 
Von den sonstigen einzelnen Steuerarten wird 
die unbedeutende Bergwerkssteuer als Abgabe für 
die vom Staate auf Zeit verliehene Ausbeutung der 
nutzbaren Mineralien gezahlt. Eine Einkommen- 
steuer wurde 1887 eingeführt; sie wird von allen 
Personen, die 300 Jen und darüber einnehmen, 
in fünf Klassen erhoben, beginnt mit 1 % und 
erreicht ihr Maximum bei 100000 Jen mit 
5½/ % ; Ertrag 27,57 Mill. Jen. Die 1896 
eingeführte Gewerbesteuer (nach französischem Vor- 
bild) wird auf Grund des Mietwertes der be- 
nutzten Räume, der Zahl der beschäftigten Per- 
sonen, der Größe des Umsatzes oder Kapitals 
veranlagt; sie läßt Kleinbetriebe in weitem Maße 
steuerfrei (Ertrag 21,85 Mill. Jen). Von den 
Verbrauchssteuern (113,2 Mill. Jen) sind die 
wichtigsten die auf Sake (das durch Gärung aus 
Reis gewonnene Nationalgetränk; von einem Kolu 
klarem Sake 15 Jen), auf Bier (7 Jen für den 
Koku), Sodscha (durch Gärung aus Bohnen herge- 
stellte Sauce, dievielfach das Salzersetzt) und Zucker. 
Unter den Staatseinnahmen aus Stempeln und 
Gebühren (20,37 Mill. Jen) sind die Stempel- 
abgaben auf Verträge und Urkunden, die Register- 
gebühren, Steuern von Besitztiteln und Besitz- 
wechseln, die Gerichtskosten in Zivilprozessen, Ge- 
bühren für Jagdscheine usw. zu nennen, unter den 
Verkehrssteuern die Börsensteuer und die von der 
Japanischen Bank von ihrer Notenausgabe zu 
zahlende Steuer. 
Gegenüber den Staatssteuern haben die übrigen 
ordentlichen direkten Staatseinnahmen geringere 
Bedeutung. In Betracht kommen dabei haupt- 
sächlich Einnahmen aus den Staatsforsten (an 
7½. Mill. ha; 12,96 Mill. Jen), aus dem Be- 
triebe der Staatseisenbahnen (37,05), Posten und 
Telegraphen (38,59) und anderer gewerblichen 
Unternehmungen der Staatsverwaltung (Mono- 
pole 52,98 Mill. Jen). Für die Zeit des Krieges 
mit Rußland und das dem Friedensschluß nach- 
folgende Jahr wurden beträchtliche Zuschläge zu 
diesen Steuern als Kriegssteuern erhoben. 
Seit 1898 sind alle Ausfuhrzölle beseitigt, seit 
dem Zolltarif von 1897 (in Kraft seit 1. Jan. 
1899) die der inländischen Produktion dienenden 
Japan. 
  
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Roh= und Hilfsstoffe zu einem erheblichen Teil 
bei der Einfuhr zollfrei, so daß jetzt fast die Hälfte 
der Einfuhr keinen Zoll bezahlt (1889 kaum 4%); 
die Belastung der zollpflichtigen Einfuhr betrug im 
allgemeinen in den letzten Jahren zwischen 8 und 
10 % des wirklichen Einfuhrwertes, bei einigen 
Artikeln bis 30 %. Die Einnahmen aus Zöllen 
sind im Budget 1908/09 auf 41,4 Mill. Jen 
veranschlagt. 
Die Gesamteinnahmen des Staates be- 
trugen für das Jahr 1906/07:514,85 Mill. Jen, 
die Ausgaben 463.88; nach dem Budget für 
1908/09 berechnen sie sich auf 619,8 Mill. Jen, 
davon 475,8 ordentliche Einnahmen. Die Aus- 
gaben, die mit den Einnahmen balancieren, ver- 
teilen sich auf 427,19 Mill. ordentliche und 192,6 
außerordentliche. Die bedeutendsten Ausgabe= 
posten sind die für den Dienst der öffentlichen 
Schuld (176,84), für Armee (70,2 ordentliche, 
37,2 außerordentliche), Flotte (34,8 und 46,2), 
für Verkehr (25,7 und 59.,4), Löhne und Pen- 
sionen (34,7), Inneres (10,6 und 13,4), Justiz 
(11,6), Ackerbau und Handel (7,5 und 9,9) und 
Unterricht (6,3 und 1.7 Mill. Jen). Seit dem 
Budget für 1909/10 wird der Eisenbahnetat von 
dem Gesamtbudget des Reiches gelöst und auf 
einen Spezialetat gesetzt. Ein großer Teil der 
Ausgaben für öffentliche Zwecke, z. B. für Wege- 
bau, Polizei, Schulen, Armenpflege, Spitäler, 
lastet indes auf den Bezirken und Gemeinden und 
wird aus deren Einnahmen bestritten. Die Kom- 
munalverbände erheben Zuschläge zur Grundsteuer 
und einige an alte lokale Abgaben anknüpfenden 
Steuern (hauptsächlich Gewerbe= und Haushal- 
tungssteuern). Der Etat für Formosa schließt 
1908/09 in Einnahme und Ausgabe mit 33,87 
Mill. Jen ab, der für Sachalin mit 1,68, der für 
Kwantung mit 4,65 Mill. Jen. 
Die Staatsschuld Japans belief sich am 
31. März 1908 auf 1110,65 Mill. Jen innere 
und 1165,7 Mill. äußere. Nach den ersten aus- 
ländischen Anleihen von 1870 und 1873 wandte 
sich Japan erst wieder 1899 an den europäischen 
Geldmarkt, der seither (nach Einführung der Gold- 
währung) in steigendem Maße, besonders infolge 
der Anteilnahme Japans an der Weltpolitik, in 
Anspruch genommen werden mußte. 
VII. Heerwesen. Die Wehrverfassung be- 
ruht auf dem Gesetz vom 21. Jan. 1889, ab- 
geändert durch Kaiserliche Notverordnung vom 
28. Sept. 1904. In Japan gilt die allgemeine 
Wehrpflicht. Sie beginnt mit dem vollendeten 
20. Lebensjahre und währt drei Jahre bei der 
Fahne (1906 wurde versuchsweise die zweijährige 
Dienstzeit eingeführt; eine endgültige Entschei- 
dung steht noch aus) und vier Jahre in der Ma- 
rine, vier Jahre und vier Monate in der Reserve 
(drei Jahre in der Marine) und zehn Jahre in der 
Landwehr (fünf in der Marine). Außerdem ge- 
hört jeder Wehrfähige, der nicht in der aktiven 
Armee oder der Reserve oder der Territorial=
	        
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