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Tagen nichts als eine sich auch auf das politische
Leben übertragende Revolution wider Christus und
die von Gott gesetzten Obrigkeiten sei, welche die
Regierungen aus Haß wider die Kirche zu ihrem
eigenen Schaden gefördert hätten. Zugleich habe
der Staatsabsolutismus die innere Wirksamkeit
der Kirche gewaltsam unterbunden; denn die Kirche
braucht Freiheit — aber das lutherische Landes-
kirchentum und der Gallikanismus nahmen sie ihr,
und der Josephinismus versuchte sogar, sie nicht
bloß zu knebeln, sondern auch „aufzuklären“. In
Osterreich ist dafür aber auch der schlimmste Staats-
zusammenbruch erfolgt, und zwar deutlich in der
Form der Vergeltung; denn als der Liberalismus
das in Osterreich so sehr gehegte Staatskirchentum
mit Hilfe der Nationalitätsidee zum völligen Sieg
über Rom führen wollte, wurde dadurch auch der
Staat Osterreich tödlich getroffen. In der Natio-
nalkirche ist die antike Idee der Staatsreligion
wiedererstanden. „Die antike Staatsidee ist wie
Goethes Braut von Korinth. Sie ist tot; aber
bei nächtlicher Weile steigt sie empor aus ihrem
Grabe und hält, bald als demokratische Revolution
bald als absolute Cäsaropapie verlarvt, ihren ge-
spenstischen Umgang unter den Lebenden. Dann
saugt sie der christlichen Gesellschaft in Familie,
Gemeinde, Kirche und Staat das warme Herz-
blut aus.“
Auf religiösem Gebiet ist Jarcke nach 1848
durch die Verhältnisse mehr, als sonst ihm eigen
ist, zur Ausbildung praktischer Ratschläge gedrängt
worden. An der großen katholischen Bewegung
jenes Jahres nahm er bewegten Anteil. Er hat
schließlich ein ganzes, durchaus nicht unduldsames
Programm für die rechtliche Ordnung der Be-
ziehungen von Staat und Kirche, zunächst in Oster-
reich, aufgestellt (Verm. Schriften IV 127 ff); er
hat politische Freiheit für die Kirche gefordert,
wenn sie nur nicht (wie er es damals freilich be-
fürchtete) im Bunde mit der Revolution erworben
würde, und die Bildung katholischer Parteien be-
grüßt; er hat in dem Organismus der Kirche
eine „beratende Stimme“ für das Laientum ge-
wünscht, um „die lebendige Verbindung zwischen
den Trägern der Kirchengewalt und dem christ-
lichen Volk zu vermitteln“; denn wenn das Inter-
esse der Laien erlösche, dann „wäre die Kraft und
das Leben der Kirche gebrochen“. Von all dem im
deutschen Katholizismus Werdenden hat er nur
die Anfänge miterlebt, — kein Slaatsmann und
kein Führer, aber ein desto reicherer und viel-
seitigerer Geist, nicht selbst ein Wegweiser für die
Zukunft, aber ein Denker, aus dessen Gedanken
andere, dem Leben mehr zugewandte, fortschritt-
liche Naturen tausend tiefe und fruchtbare Winke,
Warnungen und Anregungen entnehmen können,
einer von den Männern, denen nicht gerecht werden
kann, wer über sie zusammenfassend schreibt, sondern
nur, der lesend sie Gedanke für Gedanke begleitet.
Identitätsnachweis — Jesuiten.
berühren werde. Jetzt bildete er sich die Meinung,
daß im Grunde die ganze Geschichte seit Luthers
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Literatur. Hauptauelle sind die oben zitier-
ten Vermischten Schriften, in denen auch ein Le-
bensabriß von Phillips Hand sich findet. Ein
knappes Lebensbild von Eisenhart gibt die All-
gemeine Deutsche Biographie, wo auch die ältere,
dürftige, seither nur wenig bereicherte Literatur ver-
zeichnet wird. LM. Spahn.])
Identitätsnachweis s. Getreidezölle
Sp. 679).
Jefuiten. Quellen; Geist und Wesen des
Ordens; Außerer Ordensaufbau; Wirksamkeit
nach außen; Aufhebung 1773; Wiederaufrich-
tung des Ordens 1814; Verhältnis zur Staats-
gewalt; Statistik.]
Jesuitenorden (Gesellschaft Jesu) heißt der vom
hl. Ignatius von Loyola gestiftete und durch
die Bulle Regimini militantis ecclesiae am
27. Sept. 1540 von Papst Paul III. zuerst be-
stätigte Orden von regulierten Klerikern.
I. Duellen. Alles, was die Verfassung und
das innere Rechtsleben, den Geist und das Wesen
des Ordens betrifft, ist an erster Stelle und vor
allem authentisch niedergelegt in dem Institu-
tum Societatis lesu. Unter den weiteren Hilfs-
mitteln zur Erkenntnis des Ordens und seines
Geistes ragen hervor 1) die Rundschreiben der
verschiedenen Generale an den ganzen Orden
(Epistolae R. R. P. P. Generalium, edit. Gan-
davi 1847); sodann 2) Suarez' De virtute
religionis tr. X: De religione Societatis lesu.
Nicht alle Teile des Instituts sind von gleicher
Autorität und Bedeutung. Die Grundlage seines
rechtlichen Bestandes und seiner kirchlichen Auto-
nomie besitzt der Orden in verschiedenen päpst-
lichen Bullen, besonders Pauls III. von 1540
(s. oben) und 1543, Julius' III. 1550 und Gre-
gors XIII. 1584. Der durch Klemens XIV zeit-
weilig unterdrückte Orden wurde von Pius VII.
am 7. Aug. 1814 durch die Bulle Sollicitudo
omnium ecclesiarum für den ganzen Erdkreis
wiederhergestellt. In dieser Bulle wurde den durch
Paul III. zugunsten des Ordens erlassenen apo-
stolischen Konstitutionen neue Rechtskraft ver-
liehen. Durch das Breve Leos XIII. Dolemus
inter alia vom 13. Juli 1886 wurden zudem
„alle apostolischen Schreiben, welche sich auf die
Errichtung und Anerkennung der Gesellschaft Jesu
beziehen“ und von seinen „Vorgängern, den
römischen Päpsten, seit der Zeit Pauls III. bis
jetzt erlassen worden sind“, bestätigt, bekräftigt
und erneuert. Ferner wurden bestätigt, bekräftigt
und erneuert „alle Vorrechte, Freiheiten und Aus-
nahmen, welche durch diese Schreiben verliehen
waren oder aus ihnen gefolgert wurden, außer
wo sie der Gesellschaft nachteilig oder vom Konzil
von Trient oder andern Verordnungen des Apo-
stolischen Stuhles teilweise oder ganz zurückge-
nommen sind“.
Mit eigentlicher Gesetzeskraft sind folgende drei
Teile des Instituts ausgestattet: 1) vor allem
die päpstlichen Bullen und Breven; 2) die vom
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