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formen (1867); Krones, Handbuch der Gesch. Oster-
reichs IV (1872); Block, Die kirchl. u. polit. Zu-
stände Österreichs (1870); Seb. Brunner, Die
theol. Dienerschaft am Hofe Josephs II. (1868);
ders., Joseph II. (1885); ders., Die Mysterien der
Aufklärung (1869); ders., Humor in der Diplo-
matie (1872); Gautsch, Die konfessionellen Gesetze
vom 7. u. 20. Mai 1874 (1874); Histor.-polit.
Blätter CVIII (1891) 845 ff; Cölestin Wolfsgruber,
Kardinal Migazzi (1881); Archiv für Kirchenrecht
1889, 418 ff (Denkschrift des Abtes Athanasius
Bernhard v. Ossegg). [Scheicher.)
Irische Geheimbünde (. Gesellschaften,
geheime (Sp. 594).
Islam s. Religionsgesellschaften.
Israeliten. I. Soziale Verhälknisse
und wirtschaftliche Entwicklung des israe-
litischen Volkies. Die Geschichte des israeliti-
schen Volkes als eines selbständig in der Geschichte
erscheinenden Ganzen beginnt naturgemäß mit der
Abschüttlung der ägyptischen Knechtschaft und dem
Auszuge aus dem Lande der Pharaonen. Auf dem
langen Zuge durch die Wüste erfolgte als wichtigste
Etappe die Mosaische Gesetzgebung, durch welche
die Einrichtung des israelitischen Staatswesens
genau vorgezeichnet ward. Mit der freilich nur
langsam voranschreitenden Unterwerfung Kanaans
und der Aufteilung des Landes unter die zwölf
Stämme trat der israelitische Staat ins Leben.
Erst von da ab kann auch von einer israelitischen
Volkswirtschaft die Rede sein. Politisch freilich
war das Volk Israel innerlich nicht allzu fest ge-
schlossen; das verhinderten die Sonderbestrebungen
der einzelnen Stämme, von denen alsbald einige
aus dem lebendigen Volksverbande fast gänzlich
ausschieden.
Der israelitische Staat ist Theokratie,
Volk und Land gelten in besonderer Weise als
Eigentum Gottes, und die Religion ist das alles
durchdringende Element. Die Mosaische Gesetz-
gebung bildet die große gemeinsame Grundlage,
auf welcher sich alle Gebiete des nationalen Lebens,
das religiöse und staatliche, das wirtschaftliche und
soziale Leben des Volkes entfalten sollten.
1. Die sozialökonomische Gesetzge-
bung. Sie läßt sich unter den modernen Titeln
Agrarrecht, Arbeiterschutz und Armenpflege be-
handeln. — a) Der israelitische Staat und seine
Volkswirtschaft ist auf landwirtschaftliche Basis
gestellt. Der Ackerbau sollte, dem Charakter des
Landes entsprechend, den Mittelpunkt des Wirt-
schaftslebens bilden. Die Viehzucht, die auf der
Wanderung durch die Wüste die alleinige Erwerbs-
quelle gewesen war, trat mit der Ansässigmachung
der Natur der Sache nach etwas mehr zurück,
erfreute sich jedoch in den dafür geeigneten Ge-
genden noch sorgsamer Pflege.
Der oberste Gedanke der ganzen Agrargesetz-
gebung lautete: „Ihr sollt das Land nicht ver-
kaufen, denn das Land ist mein, spricht Jehovah,
und ihr seid Fremdlinge und Gäste vor mir“
(3 Mos. 25, 23). Damit war eine für die gedeih-
Irische Geheimbünde — Israeliten.
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liche Entwicklung des Ackerbaues wichtige For-
derung ausgesprochen. Dadurch, daß das freie
Veräußerungsrecht der Grundstücke ausgeschlossen
wird, soll die Verarmung eines Teiles der Be-
wohner verhindert werden. Der gesamte Boden-
komplex sollte unter sämtliche Stämme, den Stamm
Levi ausgenommen, aufgeteilt werden, und zwar
je nach der Größe eines jeden Stammes. Dieser
hatte sie unter die zu ihm gehörigen Familien
zu gleichen Teilen zu vergeben, so daß also die
israelitische Volkswirtschaft unter annähernder
ökonomischer Gleichheit ins Leben trat. Die Haupt-
sorge des Gesetzes war die Erhaltung des Acker-
bodens in den Händen einer jeden Familie. Da-
mit allein war die Existenz eines kräftigen
Bauernstandes verbürgt. Damit der Grundbesitz
der einzelnen Stämme im Gleichgewichte bliebe,
war bestimmt, daß Erbtöchter niemals aus ihrem
Stamme hinaus heiraten dürften (4 Mos. 36, 6).
Um die Bodenanteile in gleichem Umfange zu
erhalten, sollte der Grundbesitz unzerstückt auf den
Erben übergehen (Buhl, Die sozialen Verhält-
nisse der Israeliten 1899 55). Dem gleichen
Zwecke der Erhaltung des Ackerbodens in der
Familie diente auch das Institut der Levirats-
ehe. Der Bruder eines kinderlos verstorbenen
Ehemannes sollte dessen Witwe ehelichen, damit
der aus dieser Verbindung stammende Sohn das
Erbgut des Verstorbenen erhalte. Sah sich jemand
infolge von Verarmung genötigt, sein Grundstück
zu veräußern, so hatte sein nächster Verwandter,
der Goel, das Recht, dieses Grundstück für sich
einzulösen.
Alle Veräußerungen von Grund und Boden
sollten ihren Ausgleich in dem alle 50 Jahre zu
feiernden Jobel= oder Halljahre finden,
eine geradezu einzig dastehende Einrichtung zum
Schutze sozial gesunder Besitzverhältnisse. Der dem
Gesetze vorschwebenden Idee möglichster Gleichheit
des Besitzes, der Erhaltung des Mittelstandes,
Verhütung von Latifundienbesitz und Verarmung
eines Volksteiles ward in der Vorschrift des Jobel-
jahres der imposanteste Ausdruck gegeben. Sie
bezweckte eine völlige restitutio in integrum der
im Laufe der Zeit und unter dem Drucke mannig-
facher Notstände aus dem Gleichgewichte verscho-
benen Besitzverhältnisse und den Ausgleich der
Vermögensunterschiede: „Das ist das Halljahr,
da jedermann wieder zu dem Seinen kommen soll“
(3 Mos. 25, 13). Alle verkauften Liegenschaften
fallen in diesem Zeitpunkte unentgeltlich an den
ehemaligen Eigentümer oder dessen Erben zurück.
Aber dadurch war auch der Käufer in keiner
Weise geschädigt, denn im Grunde war das Grund-
stück gar nicht verkauft, sondern nur verpachtet,
und der Kaufpreis bezieht sich nicht auf dieses,
sondern nur auf die bis zum Halljahre in Aussicht
stehenden Jahresernten. Daher die Bestimmung:
„Was die Jahre hernach tragen können, so hoch
soll er dir es verkaufen“ (3 Mos. 25, 15). So
war das Jobeljahr der große soziale Regulator,