131
und das Verhälinis der letzteren zum Staat ent-
wickelt Febronius noch weitergehende Irrtümer.
wie die Gallikaner. — Das Buch wurde in Rom
am 27. Febr. 1764 auf den Index gesetzt, und
am 14. März richtete Papst Klemens XIII.
ein Breve an die Kurfürsten von Mainz und
Köln, ein zweites an den von Trier und ein drittes
an den Fürstbischof von Würzburg. In denselben
wird auf das Bedenkliche des Buches hingewiesen,
die Lektüre verboten und den Bischöfen aufgetragen,
gegen den Verfasser, wenn er bekannt sein sollte,
mit Strenge vorzugehen. Der Kurfürst von Trier
erließ am 14. Juli ein solches Verbot. Als aber
Hontheim nun um Entlassung aus seinen Amtern
einkam, wurde sein Gesuch nicht angenommen.
Die Autorschaft Hontheims wurde (Okt. 1764)
bei Gelegenheit der Krönung Josephs II. in
Frankfurt von dem Buchhändler Eßlinger auch
einem Begleiter des päpstlichen Nuntius (Abbate
Garampi) bekannt gegeben. Hontheim hatte aber
nicht den Mut, sich öffentlich als Autor zu be-
kennen, und ließ sogar seine Autorschaft in der
Kölnischen Zeitung dementieren. Der Kurfürst
arbeitete damals mit Hontheim gemeinsam an der
Zurückdrängung der Jesuiten von der Universität
zu Trier.
Das Buch Hontheims erschien schon 1765 in
zweiter Auflage. — Am 12. Jan. 1768 starb der
Kurfürst Johann Philipp, und am 10. Febr.
wurde Klemens Wenzel von Sachsen, ein An-
verwandter der Kaiserin Maria Theresia, zum
Kurfürsten gewählt. Durch ihn wurde Hontheim
im März 1768 zum „Geheimen Staats= und
Konferenzrat" und damit zum Mitglied des Mini-
steriums ernannt. Als der Kardinal und Staats-
sekretär Albani in Rom gegen diese Ernennung
protestierte (30. März), legte der Kurfürst das
Schreiben nebst dessen Anklagen Hontheim vor,
mit der Aufforderung, sich darüber zu verant-
worten. Da erklärte der Weihbischof wieder, er
habe die Autorschaft des Febronius in den Zei-
tungen desavouiert und bei der Verwaltung seiner
kirchlichen Amter sich von febronianischen Grund-
sätzen stets frei gehalten. Der Dechant Rade-
macher in Koblenz, welcher mit der Beantwortung
des Schreibens des Staatssekretärs beauftragt
war, nahm diese Erklärung in sein Antwort-
schreiben vom 14. April auf. Der Staatssekretär
reskribierte (4. Mai), daß er die Verteidigung
Hontheims dem Papste nicht vorzulegen wage,
weil ihm Hontheim aus unwiderleglichen Zeug-
nissen als der Verfasser des Febronius bekannt sei.
Er verlangte einen Widerruf der in dem Buche
vorgetragenen Lehren und vom Kurfürsten die
Zusicherung, daß er Hontheim nur in dringenden
Fällen als Weihbischof zur Aushilfe in pontill-
calibus verwenden wolle. In der Antwort vom
22. Mai geht der Kurfürst auf den letzteren Punkt
ein, schweigt aber hinsichtlich des ersteren. — Im
Okt. 1768 besuchte der Kölner Nuntius Caprara=
Montecuccoli den Kurfürsten, ließ sich von Hont-
Febronianismus.
132
heim in Andernach empfangen und fuhr mit ihm
nach Schönbornslust zum Kurfürsten. Unterwegs
kam die Rede auf den Widerruf; aber der Weih-
bischof lehnte ihn ab, wie aus einem Brief an
Krufft erhellt (bei Mejer, Febronius, Weihbischof
Joh. Nik. v. Hontheim und sein Widerruf (!1885)
268
680).
Im Febr. 1769 starb Klemens XIII., und
im Mai folgte Klemens XIV. Im Sept. 1769
ließen die drei geistlichen Kurfürsten durch ihre
Bevollmächtigten unter dem Vorsitz Hontheims zu
Koblenz Beratungen pflegen, aus denen die Auf-
stellung von 31 großenteils gegen die Primatial=
rechte des Papstes gerichteten Desiderien hervor-
ging. Inzwischen war ein päpstliches Schreiben
vom 14. Okt. 1769 in Trier angekommen, in
welchem der Kurfürst aufgefordert wurde, die be-
vorstehende neue Auflage des Febronius zu ver-
hindern. Am 12. Nov. antwortete der Kurfürst,
daß er zur Unterdrückung des Buches alles tun
werde, wenngleich der Druckort, Frankfurt, außer-
halb seiner Diözese liege. — Trotzdem genehmigte
der Kurfürst die Koblenzer Artikel und bat bei
ihrer Übersendung an Kaiser Joseph (1. Febr.
1770), die Artikel dem Papste zur Beachtung und
Genehmigung zu unterbreiten. Der Kaiser ging
indes auf das Ansinnen nicht ein, wies einige
Artikel als solche, welche die Bischöfe allein durch-
führen könnten, zurück und verlangte in betreff
anderer Abänderungen, ehe er mitwirken könne.
Dieimmer wiederkehrende Berufung Hontheims.
auf die gallikanische Kirche veranlaßten sowohl den
Kurfürsten Klemens von Sachsen wie den Herzog
Ludwig Eugen von Württemberg, maßgebende
Gutachten darüber einzuholen. Ersterer wandte
sich an den Pariser Erzbischof de Beaumont, wel-
cher seinerseits das Schreiben des Kurfürsten der
Versammlung des Klerus vorlegte. Diese ent-
schied 7. Dez. 1775 dahin, daß das in Frank-
reich kaum bekannte, wenig belangreiche Buch
Neuerungen anstrebe, in Dingen von höchster
Wichtigkeit ungenau und unzuverlässig sei, sich von
der Sprache der gallikanischen Kirche sowohl über
den primatus honoris wie über die Jurisdiktion
des Papstes entferne. Das Gutachten für den
Herzog von Württemberg, von dem gelehrten Abbé
Bergier verfaßt, erklärte das Buch als der galli-
kanischen Doktrin fremd, meist aus Richer und
Du Pin kritiklos entlehnt; dasselbe sei eine un-
geschickte Kompilation aus gallikanischen, prote-
stantischen und jansenistischen Schriften, ohne ein-
heitliche Durchführung und logische Konsequenz,
voll von Halbheiten und Widersprüchen (ougl.
Näheres in der Biogr. universelle XIX 594 ff
dort auch das Gutachten Bergiers).
Inzwischen hatten sich gegen Febronius viele
literarische Gegner erhoben, besonders in Italien
und Deutschland; so Ballerini. Priester in Verona,
der Jesuit Zaccaria (Antifebronio, 1767), der
Kapuziner da Cioccaglia, der Kölner Theologe
Kaufmanns (Apologeticus), Anton Schmidt in