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Heidelberg. Febronius nahm seinerseits den Kampf
auf und gab 1770 den II., 1772 den III. und
1774 den IV. Band seiner Schrift heraus. Ein
genaues Verzeichnis der Schriftsteller bei Rosko-
väny, Romanus Pontifex III.
Im folgenden Jahr 1775 bestieg Pius VI.
den päpstlichen Stuhl. Durch den Nuntius in
Köln, Belisomi, ließ er den Kurfürsten auffordern,
gegen den Verfasser des Febronius einzuschreiten
(17760). Als Antwort gab letzterer 1777 einen
Auszug aus seinem Werk unter dem Titel lusti-
nus Febronius abbreviatus heraus mit einem
Brief an seinen Gegner Mamachi als Vorwort.
Allein der Kurfürst wurde doch durch das
Drängen des Papstes bewogen, gegen Hontheim
eine andere Stellung einzunehmen. Am 2. März
1777 schrieb er von Augsburg aus an letzteren,
daß er Johann de Herbain, einen Elsässer, zum
zweiten Weihbischof ernannt habe, welcher dann
am 31. Mai 1778 in Koblenz zum Bischof von
Askalon i. p. i. konsekriert wurde. Im Jahr vor-
her hatte Hontheim durch einen Brief (vom 6. Nov.)
an Isenbiehl, den rationalistisch gesinnten Exegeten
in Mainz, der die Messianität der Stelle Is. 7, 14
in einer Schrift wegzudemonstrieren gesucht hatte,
geschrieben, daß er keinen Grund sehe, weshalb
„dieses mit so vielem Fleiß und ausnehmender
Gelehrsamkeit bearbeitete, in keinem Punkt gegen
unsere heilige Religion anstoßende Werk nicht
sollte öffentlich bekannt gemacht werden“. Als der
Kurfürst am 4. April 1778 Hontheim darüber
seine Unzufriedenheit ausdrückte, erklärte sich letz-
terer bereit, dem Generalvikariat zu Mainz wegen
seines Vorgehens gegen Isenbiehl öffentlich seine
Zustimmung erklären zu wollen — eine Außerung,
an welche der Kurfürst in seiner Antwort vom
21. April anknüpfte, um auf die Notwendigkeit
des Widerrufs der febronianischen Irrtümer hin-
zuweisen. Hontheim muß Ende April dem Wunsch
des Kurfürsten gemäß geantwortet haben; denn
dieser drückte am 8. Mai seine höchste Zufrieden-
heit über die Bereitwilligkeit Hontheims aus und
bewilligte ihm einige Monate, um ein Unterwürfig=
keitsschreiben an den Papst abzufassen, indem er
ihm zugleich 16 Sätze mitteilte, die ein Pariser
Theologe teils wörtlich teils dem Sinn nach aus
Febronius geschöpft hatte (Mejer a. a. O. 119).
Hontheim antwortete am 19. Mai, daß er seine
Arbeit beginnen werde, lehnte aber die 16 Sätze
als Norm für seinen Widerruf ab. Allein am
4. Juni belobte er seinem Freund Krufft in Wien
die Vorrede zu dem kanonistischen Werk von Eybel,
der zu den heftigsten Gegnern des Primats ge-
hörte. Am 14. Juni schickte er den Entwurf zu
einem Widerruf beim Kurfürsten ein, der aber
ein offenes Bekenntnis der richtigen Lehre umging
und zu allgemein gehalten war. Ebensowenig ge-
nügte ein Promemoria Hontheims vom 25. Juni,
in welchem er die oben genannten 16 Sätze be-
kämpft (s. Mejer a. a. O. 303 ff). Am 16. Juli
teilte ihm der Kurfürst das Gutachten einiger fran-
Febronianismus.
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zösischen Theologen über seinen Entwurf mit, der
nun demgemäß umgearbeitet und sodann durch
den Nuntius zur Begutachtung nach Rom gesandt
wurde, von wo am 22. Aug. ein Breve an den
Kurfürsten erfolgte, in welchem der Heilige Vater
seine Freude über die erfolgreichen Bemühungen
des Kurfürsten ausdrückt, aber noch einige Ande-
rungen in der Retraktation Hontheims vorgenom-
men haben will. In einem zweiten Breve vom
22. Sept. werden diese Verbesserungen spezifiziert
dem Weihbischof zugesandt. Letzterer ging auf die
Forderungen des Heiligen Vaters ein und faßte
denselben gemäß seinen Widerruf ab, den er
alsdann in Form eines Briefes an den Heiligen
Vater (Ende Oktober) zuerst dem Erzbischof ein-
sandte. Nur eine vom Papst verlangte Ver-
besserung hatte Hontheim nicht ausgenommen, den
Satz nämlich, daß die Verfassung der Kirche mit
Recht als eine monarchische bezeichnet werden
müsse. Den Primat erkennt er aber als eine
göttliche Institution an, wenn er sagt: „Die
Schlüsselgewalt, welche eine wirkliche, volle Re-
gierungsgewalt bedeutet, ist auf Petri Nachfolger
vermöge göttlichen Rechts übergegangen; in
Streitfragen, welche Glauben und Sitten be-
treffen, ist der Papst daher oberster Richter.“ Die
Unfehlbarkeik legt er dem Konzil in Verbindung
mit dem Papste bei. Hinsichtlich des Verhält-
nisses zwischen Staat und Kirche bekennt er, daß
in Sachen des Glaubens, der Sakramente und
der kirchlichen Disziplin die Kirche allein zu ent-
scheiden habe, und daß im übrigen Kirche und
Staat gegenseitig sich beschützen müßten. Der
Erzbischof fügte dem Widerruf ein Begleit-
schreiben bei, in welchem er die Aufrichtigkeit des
Weihbischofs und seine nunmehrige Rechtgläubig-
keit bezeugte, und übersandte beides an den Nun-
tius zur Übermittlung nach Rom. Der Papst
antwortete am 19. Dez. an den Erzbischof wie an
den Weihbischof und sagte am Schluß des an den
letzteren gerichteten Schreibens: „Wir erlassen dir
jede kanonische und geistliche Strafe und nehmen
dich in Unsere und des Heiligen Stuhles Gnade
versöhnt wieder auf.“
Mit Recht legte der Papst diesem Widerruf
eine hohe Bedeutung bei; denn er war von großem
Belang für die Zurückdrängung der febroniani-
schen Grundsätze. Leider sollte sich die innere sitt-
liche Bekehrung des Widerrufenden in der Folge-
zeit nicht als eine aufrichtige und vollständige be-
währen. Der Papst verkündete am Weihnachts-
fest in einem Konsistorium die Umkehr Hontheims
öffentlich. Der Staatssekretär Albani machte allen
deulschen Erzbischöfen und Bischöfen Mitteilung
und richtete an den Erzbischof von Trier noch ein
Belobungsschreiben (6. Jan. 1779). Bald dar-
auf (11. Jan.) schrieb der Erzbischof an Hont-
heim, ihm ein päpstliches Schreiben mitteilend und
ihn ermahnend, die Widerlegung seiner früheren
Irrtümer bald abfassen zu wollen, und übersandte
ihm dann am 15. Jan. das von Rom erhaltene
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